Karl May - Chronik

Hermesmeier schrieb:
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> Kann man nicht sowieso konstatieren, dass Karl
> Mays Gegner allesamt intelligenter und eloquenter
> waren als seine Fans/Apologeten?


Hallo Hr. Hermesmeier,
in dieser undifferenzierten Verallgemeinerung natürlich nicht, auch unter den Gegnern/Kritikern gab's auch genügend Kleingeister, die nur von anderen (unverstanden) abgeschrieben haben.

meint Helmut Moritz

Auf Seite 439 in Band 2 bin ich gleich über mehrere Stellen gestolpert.

Richard Plöhn fand in dem Mausoleum eben nicht ?seine letzte Ruhe?, wenn ich richtig informiert bin.

Was soll ?Die Faschingsnummer darf Dich? bedeuten ? Kann da jemand etwas mit anfangen, oder fehlt da ganz einfach Text ?

Es heißt, Emma und Klara verbindet ?laut Tagebuchaufzeichnungen? ein intimes Verhältnis. Wessen Tagebuchaufzeichnungen ? Ist da irgend etwas veröffentlicht ? Ich stieß schon einmal irgendwo bei Wollschläger auf diese Aussage, konnte aber noch nie irgendwo etwas darüber finden. Ich bezweifle es ja gar nicht, würde es aber gern nachlesen.

Hallo Rüdiger,

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Richard Plöhn fand in dem Mausoleum eben nicht ?seine letzte Ruhe?, wenn ich richtig informiert bin.

Ursprünglich schon (aber das weisst Du sicher, ich schreib's nur für die "anderen") seine Witwe (damalige Klara May) liess ihn dann (ich glaube zu Mays 100.) exhumieren, da er (nach den damaligen Rassegesetzen) als "Halbjude" galt.

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Es heißt, Emma und Klara verbindet ?laut Tagebuchaufzeichnungen? ein intimes Verhältnis. Wessen Tagebuchaufzeichnungen ? Ist da irgend etwas veröffentlicht ?

Gabrielle Wolf z.B. zitiert daraus (den Tagebuchaufzeichnungen Klaras) in ihren "Ermittlungen in Sachen Frau Pollmer" (JBKMG 2001)

Helmut

Hallo Helmut,

ich habe das Jahrbuch 2001 seinerzeit gezielt auf in dieser Hinsicht eindeutige Stellen hin durchsucht (ich bin ein neugieriger Mensch und finde das Thema im Gegensatz zu einem Rezensenten-Kollegen in Sachen Karl May durchaus appetitlich), aber keinen eindeutigen Tagebuch-Beleg gefunden. Es kann aber durchaus sein, dass ich etwas übersehen habe. Komplett gelesen habe ich das Buch noch nicht.

Beste Grüße

Rüdiger

Hallo Rüdiger,
ich habe das Jahrbuch in den letzten 2-3 Wochen vollständig gelesen, und mein Eindruck war (und ist), dass G. Wolff durch entsprechende Zitate aus Briefen Klaras und Emmas und eben dem Tagebuch Klaras diese intimen (bis hin zu sexuellen) Beziehungen zumindest versucht zu belegen.

Gruß, Helmut

In der "Chronik" neigt sich der zweite Band dem Ende zu. Im Oktober kommt der nächste.

Köstlich, diese Verleger-Mentalität in den Kürschner / Zieger ? Äußerungen.

Zieger lässt auf S. 476 oben erkennen, dass es ihm gar nicht darauf ankommt, ob die Leute den Text überhaupt lesen, Hauptsache, das Buch ist voll.

Und dieser ?Aerger mit May, der sich in trotziger Weise auf die Hinterbeine stellt?.

Auch hat man sich ?über die philosophischen Auseinandersetzungen bezüglich der Religions-Anschauungen dahin geäußert, diese Einfügungen könnten wohl etwas mehr gekürzt werden, damit die Handlung des Romans packender und dem grossen Publikum leichter verständlich sei.?

Denn: ?Man muss eben immer im Auge behalten, dass man für die grosse Masse schreibt und für diese so verständlich als möglich.?

Höhepunkt ist aber eine Stelle, dir mir persönlich größtes Gaudium bereitet hat (S. 477 f.): May hat, beeindruckt von der eigenen Pfiffigkeit & hintergründig-bedeutungsschwanger, Zieger das Kürschner-Gleichnis geschickt. Dieser leitet es postwendend an Kürschner weiter, mit den Worten ?Dieser neueste Erguss zeigt wiederum die Selbstverherrlichung May?s. Man muss diesen Menschen eben nehmen, wie er ist.?

Und wenn sie nicht gestorben sind ?



(:-D

Ich hätte nicht gedacht, daß die Lektüre der Chronik noch so ausgesprochen lustig werden würde.

Zieger an Kürschner (S. 489): "Jedenfalls müssen wir bei diesem sonderbaren Heiligen auf Alles gefaßt sein."


(röchelt vor sich hin und wischt sich die Lachtränen aus den Augen)

rodger schrieb:
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> Ich hätte nicht gedacht, daß die Lektüre der
> Chronik noch so ausgesprochen lustig werden
> würde.
>
> Zieger an Kürschner (S. 489): "Jedenfalls müssen
> wir bei diesem sonderbaren Heiligen auf Alles
> gefaßt sein."
>
>
> (röchelt vor sich hin und wischt sich die
> Lachtränen aus den Augen)

Dieser Satz von Zieger könnte fast die Überschrift für eine biographische Abhandlung über May sein.

Leider habe ich die Chronik noch nicht, möchte aber annehmen, daß die spezielle Beziehung zwischen Emma und Klara im Tagebuch der Letzteren dokumentiert sein dürfte. Klaras Tagebuch wurde wohl als Quelle für die Chronik herangezogen. Wollschläger wiederum - allerdings begebe ich mich nun auf das Terrain der Spekulation - dürfte zu seiner KMV-Zeit Einblick in eben jenes Tagebuch gehabt und seine Kenntnisse an Gabriele Wolff weitergegeben haben.

Ich lese seit einigen Tagen mit höchstem Vergnügen die beiden Bände. Nach einigen Startschwierigkeiten finde ich die Chronik großartig. Erstmal wird mir die Reihenfolge mancher Ereignisse deutlicher als bei jeder Biografie oder themenspezifischeren Darstellung und andererseits kommt eben nicht nur May selbst zu Wort, sondern ebenso Freunde, Feinde, Behörden, Mitarbeiter und Sonstige.

Jetzt kann ich auch eine eigene Meinung zu den bisher diskutierten Punkten abgeben:

Die Episode um Lottel finde ich alles in allem tragisch. May hat nicht versagt; er hat sich die Angelegenheit nur viel leichter vorgestellt. Er ist - denke ich - der perfekte "Onkel" (Geschenke, verbrachte Freizeit, Liebe, Interesse, Förderung), aber kein perfekter Vater (ständig miteinander verbrachter Alltag). Wobei man nicht einfach ein perfekter Vater sein kann, sondern es allmählich wird. Mit Lottel kam ein Kind ins Haus, das schon "groß" war; kein Säugling, an dessen wachsende Bedürfnisse in Hinsicht auf Aufmerksamkeit man sich als Vater allmählich gewöhnen kann.
Und Emma wollte das Kind nicht. Soviel dazu.

Genauso auffällig ist für mich, dass May in seine Old-Shatterhand-Rolle regelrecht hineingedrängt wurde. Bei den ganzen Audienzen bei immer prominenteren Gastgebern MUSSTE er sich ja ständig selbst überbieten. Da tat er mir leid.

Sehr irritierend fand ich den Ausbruch auf S. 194 (Band 2), bei dem er sich maßlos aufregt, dass seine Nichte einen Brief an ihn nicht an "Herrn Dr. Karl May", sondern nur an "Karl May" adressiert habe. Ja, geht's noch?

Im Band bin ich jetzt unmittelbar vor der Orientreise und ich mag gar nicht weiterlesen, weil ich ja weiß, wie das Drama weitergeht. :-(

Hallo,

da möchte ich doch noch (leise) Kritik anfügen:

1. Manchmal wird's (nach meinem Geschmack) etwas viel, wenn dann jeder einzelne Teil (z.B.) von einer May'schen (Gegen-)Kritik aufgezählt wird, und dann noch jeder einzelne Teil des 2. und 3. Nachdrucks u.ä.

2. Ob Briefe Klaras an E.A.Schmidt, die z.T. 20 Jahre später geschrieben wurden, hineingehören, erschliesst sich mir auch nicht.

3. Die Art wie die Gedichte in der Chronik abgedruckt worden sind, ist zwar platzsparend, aber ich finde sie unmöglich.

Helmut

Quote

Im Band bin ich jetzt unmittelbar vor der Orientreise und ich mag gar nicht weiterlesen, weil ich ja weiß, wie das Drama weitergeht. :-(

Das trifft sich gut, ich hatte schon auf meiner Internetseite über Orientreise und Kairo schreiben wollen dieser Tage, da mir diese pulsierende Metropole so im Kopf 'rumspukte, aber hier paßt?s auch hin.

Kairo. Vielleicht begann Karl May hier endgültig einzusehen, dass sein unbekömmliches Sich-selbst-hochstilisieren, entstanden aus übersteigertem Geltungsbedürfnis, dies wiederum resultierend aus Überkompensation einer Kette von Niederlagen und Demütigungen, die sich duch sein ganzes Leben zogen, der nüchternen Realität nicht standhielt.

Hier in der quirligen Metropole war er einer unter vielen, die, im Gegensatz zu ihm, kein großes Aufhebens um sich machten, und der große Kara Ben Nemsi musste deutlich erkennen, wie unbeholfen, unsicher und gehemmt er abseits seines Schreibtisches, wo er, Herr über Tinte und Papier, glaubte, ungezügelt machen zu können was er wollte, und dementsprechend oft über alle vertretbaren Ziele hinausschoß, in fernen Zonen sein konnte.

Und so war es nach der Orient-Reise vorbei mit Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi im alten Stil, der Ton wurde friedvoller, die Haltung angemessener, bescheidener, ein bisschen weiser. Wenn einer eine Reise tut ?

Also, ich find?s gar nicht so traurig mit der Orientreise. Eher heilsam.

sic!

Guten Morgen!

Allerdings: Hätte May am Anfang so geschrieben, wie er am Ende schrieb, hätte er wahrscheinlich arbeiten gehen müssen.

Gruß

Sylvia

Ich vermute eher, er hätte endgültig im Knast geendet.

Obwohl, wie ich jetzt in Essen (Vortrag G.Keindorf und auch in der abschliessenden Lesung) gelernt habe, seine spätere Behauptung "er hätte eigentlich immer schon so geschrieben", durchaus "im Mayschen Sinn" wahr ist.

Helmut

Hallo zusammen,

ich hatte es auch hauptsächlich auf seinen Hang zur Egozentrik und Selbstüberschätzung bezogen. Das war ganz gut, daß Kara Ben Nemsi dann im Silberlöwen auch mal vom Pferd fiel, oder es in Frieden insgesamt etwas ruhiger angehen ließ.

Schade wäre gewesen, wenn er gar nicht mehr zu ?alter Frische? zurückgefunden hätte. Aber spätestens mit Halef in Ardistan saß ihm dann ja wieder der alte Schalk im Nacken.

Das mit dem ?immer schon so geschrieben? stimmt ja zum Teil. Immer mal wieder finden sich auch frühere Texte, die man auf verschiedenen Ebenen lesen kann. Das ist natürlich nicht immer so, und wenn, dann oft schwer erkennbar.

Band 3 und 4 werden gerade ausgeliefert.

Gerade eben ausgepackt und schwupp sind sie in der Datenbank

Den Lapsus mit dem 29.02.1907 im Band V hätte ja eigentlich ein "guter Lektor" vermeiden können.

Helmut

Band IV

Stimmt Band IV, sonst hätte ich ja prophetische Fähigkeiten haben müssen



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.12.05 11:33.