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Karl May - Chronik

geschrieben von Rüdiger 
Re: Karl May - Chronik
12. Februar 2006 23:59
Die Geschichte mit der subjektiven Wahrheit mag bei der Autobiografie durchaus auch eine Rolle gespielt haben, bei dem einen oder anderen wichtigen Detail, etwa der Frage, ob es wirklich die 'Märchengroßmutter' war oder nicht doch der Pate Weißpflog, der dem kleinen Karl Geschichten erzählte. Aber dieses Kreutterbuch kann auch Karl May nicht subjektiv für wahr gehalten haben.

Und dass er vollständig die Wahrheit schreiben wollte, was immer er dafür subjektiv gehalten haben mag, glaube ich nicht. Da hat sich Karl May gegenüber seinem Verleger viel zu deutlich über den Zweck der Selbstbiografie geäußert, mit der er lediglich die Prozesse gewinnen wollte. Danach dürfe sie verschwinden. Leider hat der KMV jahrzehntelang das Credo verbreitet, es handele sich bei der Selbstbiografie um eine 'erschütternde Lebensbeichte'. In meinen Ohren klingt das genauso - ich sag's mal freundlich: - unwahrscheinlich wie Nachrufe oder Beerdigungsansprachen. (De mortuis nihil nisi bene!)
[[Für den Zeitraum, da Klara May noch lebte, mag man das als Geste des Anstands und der Pietät entschuldigen.]]
Re: Karl May - Chronik
13. Februar 2006 10:25
Ich denke, dabei lassen wir's dann mal bewenden.
Ich erwarte auch nicht, dass wir uns bald über die Unterschiede der Meinungen/Einschätzungen einigen werden.
Und das ist auch gut so, denn es wäre doch ziemlich langweilig, wenn alle immer einer Meinung wären winking smiley .

Nur eines kann ich mir doch nicht verkneifen:
May wäre doch mit dem "Klammerbeutel gepudert", wenn er in "Mein Leben und Streben" etwa geschrieben hätte:
"Lebius hat einiges Richtiges und viel Falsches über meine Vorstrafen geschrieben. Dabei hat er aber leider eine (die letzte) Vorstrafe bisher nicht entdeckt."

Helmut
Re: Karl May - Chronik
13. Februar 2006 19:24
Quote

Nur eines kann ich mir doch nicht verkneifen:
May wäre doch mit dem "Klammerbeutel gepudert", wenn er in "Mein Leben und Streben" etwa geschrieben hätte:
"Lebius hat einiges Richtiges und viel Falsches über meine Vorstrafen geschrieben. Dabei hat er aber leider eine (die letzte) Vorstrafe bisher nicht entdeckt."

Wie ich sehe, Helmut, hast Du mich verstanden winking smiley
Re: Karl May - Chronik
13. Februar 2006 21:04
@ Helmut, dein Beitrag vom 13.02.06, 00:37 Uhr: (y)
Zum Thema "Subjektive Wahrheit" findet sich -selbstverständlich- auch einiges im Internet, z.B. [www.contradictio.de] winking smiley

In diesem Sinne

andrea



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.06 21:07.
Re: Karl May - Chronik
13. Februar 2006 22:14
Quote

May wäre doch mit dem "Klammerbeutel gepudert", wenn er in "Mein Leben und Streben" etwa geschrieben hätte:
"Lebius hat einiges Richtiges und viel Falsches über meine Vorstrafen geschrieben."

Warum denn ?
Ich finde es immer noch angemessen und natürlich, die Wahrheit zu sagen, auch wenn das heutzutage in dieser unserer sozusagen aus dem letzten Loch pfeifenden Gesellschaft durchaus nicht mehr üblich ist, sich alle gegenseitig etwas vormachen, herumtricksen, sich austricksen usw., und uns das auch in der Werbung zunehmend als adäquate Verhaltensweise anempfohlen wird.
Aber was ist denn dabei, Schwächen einzugestehn, Fehler zuzugeben usw.
Karl May hätte vermutlich besser daran getan, den anderen (und auch sich selbst) reinen Wein einzuschenken, das wäre vorübergehend mit größeren Unbequemlichkeiten verbunden gewesen, aber dann hätte er mit dem Gefühl der Erleichterung eine Art Neubeginn versuchen können, anstatt sich ein wackeliges, auf Sand gebautes Unwahrheits- und Schönrednereigebäude zu basteln und die letzten ca. 10 Jahre nur noch gleichsam herumzueiern.
Re: Karl May - Chronik
13. Februar 2006 22:28
Wenn er von Anfang an gewusst hätte, was da alles auf ihn zukommt, hätte er es vielleicht/wahrscheinlich auch so gemacht (alles Spekulation, ich weiss).
Aber es kam ja so scheibchenweise eins nach dem anderen und immer "dicker". So hat er eben gedacht, dass er mit der nach und nach auftretenden Kritik schon irgendwie fertig werden würde; aber irgendwann war dann damit Schluss.

Helmut
Re: Karl May - Chronik
13. Februar 2006 23:06
Rüdiger schrieb:
-------------------------------------------------------
> Ich finde es immer noch angemessen und natürlich,
> die Wahrheit zu sagen, auch wenn das heutzutage in
> dieser unserer sozusagen aus dem letzten Loch
> pfeifenden Gesellschaft durchaus nicht mehr üblich
> ist, sich alle gegenseitig etwas vormachen,
> herumtricksen, sich austricksen usw., und uns das
> auch in der Werbung zunehmend als adäquate
> Verhaltensweise anempfohlen wird.
> Aber was ist denn dabei, Schwächen einzugestehn,
> Fehler zuzugeben usw.

Die Zeit um 1900 dürfte an Verlogenheit der unseren nicht nachgestanden haben. Alleine die Tatsache von Vorstrafen war schon fast existenzvernichtend. So aus dem Bauch heraus habe ich auch immer gedacht, May hätte einfach alles auf den Tisch legen, der Welt ein fröhliches "Leckt mich doch alle!" entgegenrufen und einfach weiterschreiben sollen. Ihm, der so lange um Reputation und Anerkennung gerungen hat, dürfte das aber nicht so einfach gefallen sein. May kam von ganz unten, und wenn man es von da bis zur Villa etc. geschafft hat, legt man nun mal Wert auf Anerkennung, auch wenn es die von irgend welchen halbdebilen Adligen oder sonstigem Upperclass-Pack ist. Die eigenen Leute hat man hinter sich gelassen, man bekommt eine Heidenangst, ein Ausgestoßener zu sein, dann reagiert man schon mal panisch. Schön ist das nicht, aber verständlich.
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 06:44
Zwei Anmerkungen noch von meiner Seite. Erstens, verschweigen ist nicht dasselbe wie lügen. Die Grenzen dessen, was Karl May sich selbst zumuten konnte und wollte, waren in mancher Hinsicht wohl erreicht. Dass wir manches heute mit 100 Jahren Abstand und dem Wissen um die Entwicklung anders sehen, ist ebenso verständlich.

Zweitens möchte auch ich davor warnen, objektive Unwahrheiten mit "Lügen" gleichzusetzen. "Objektivität" und "Wahrheit" sind schwer zu fassen, insbesondere wenn man selber mittendrin steckt. Und die Erinnerung ist auch kein Abrufen aus dem Archiv, sondern ein Rekonstruktionsprozess. Blockaden, Verschiebungen, Täuschungen, Verwechslungen, wer ist davor gefeit? Auch Herrn Hermesmeier passiert dergleichen (und das meine ich nicht persönlich, ich könnte auch eigene Beispiele erzählen, aber ich nehme etwas aus diesem Thread):

Quote

- Der barocke Titel des Kräuterbuches ist ebenso wie dasselbe schlichtweg erfunden.

und noch einmal

Quote

Aber dieses Kreutterbuch kann auch Karl May nicht subjektiv für wahr gehalten haben.

Da halte ich dagegen. Das "Kreutterbuch" hat existiert, war bei Mays Tod noch vorhanden und steht heute noch vermutlich in der Villa Shatterhand, vgl. Anmerkungen in Bd. 34 (zumindest in der Auflage, die ich Anfang der 70er gekauft habe) sowie der von Plaul herausgegebenen und annotierten Ausgabe von "Mein Leben und Streben". Nach KMJB 1931 (S. 287) handelt es sich um die 1600 in Frankfurt erschienene 3. Auflage des Kräuterbuches von Mathiolus.

Natürlich ist mir klar, dass Herr Hermesmeier mit ziemlicher Sicherheit nicht das Kräuterbuch meinte, sondern die Märchensammlung "Der Hakawati", die nach heutigem Wissensstand fiktiv ist, eine "Mystifikation", um es mit einer Mayschen Wendung zu formulieren.

Was Fehlleistungen und Verdrängungen im Laufe von Jahrzehnten an Erinnerungsverschiebungen bei einem Menschen bewirken können, bei dem die Trennung zwischen Realität und Phantasie wohl nie besonders ausgeprägt war, kann man nur vermuten. Erstaunlich eher, wieviel die Forschung bestätigen konnte.

Fazit: Ein bisschen Zurückhaltung mit der moralischen Bewertung von Mays Lebenserinnerungen.

Rajo
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 07:07
Ein wackeliges Fazit. Mir persönlich geht es, wie ich des öfteren (offenbar vergeblich) versucht habe, deutlich zu machen, nicht um "moralische Bewertung", allenfalls im Hemingwayschen Sinne ("Moralisch ist, wenn man sich hinterher gut fühlt"). Zum anderen geht es mir nicht um die durchaus möglichen Erinnerungsverschiebungen, die gibt's auch, klar. Aber spätestens in Chronik Band IV wird einem deutlich, wie der Mann - auch, nicht immer - ganz bewußt die Wahrheit verdreht hat, schamlos und erbärmlich.
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 08:30
"schamlos und erbärmlich" sind aber (entgegen Deinem ersten Satz) eindeutig "moralische" Wertungen.

Oft habe ich festgestellt, dass wenn ich versuche, diese "Lügen" Mays aus der damaligen Situation, in der er sich befand, zu sehen, solche Wertungen nicht angebracht sind.

Helmut
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 08:45
Es müssen noch nicht einmal Wertungen sein, geschweige denn moralische.
Vielleicht hätte ich hinter ?erbärmlich? statt eines Punktes ein Komma setzen sollen und ?und da wird er sich vermutlich hinterher schlecht gefühlt haben? anfügen sollen, um nochmals nicht mit dem Zaunpfahl, sondern dem Ernest zu winken.

Aber nun wird?s langsam schwierig, und ich laß es besser. Man muß ja mit seiner Weltanschauung auch nicht unbedingt auf den Marktplatz gehen (es sei denn, man heißt Houellebecq oder so, dann kann man damit Geld verdienen ?)
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 09:07
Und ich hätte hinter erbärmlich in Klammern anfügen sollen "so wie ich diese Begriffe verstehe und verwende".

Das ist (m.M.) nach eben die Crux solcher Ferndiskussion, dass es mir häufig schwer fällt, meine Gedanken ziel- und punktgenau so zu Papier (hier genauer "zu Bilschirm") zu bringen, um ohne Nachfragen richtig verstanden zu werden.

Helmut
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 09:23
Quote

Das ist (m.M.) nach eben die Crux solcher Ferndiskussion, dass es mir häufig schwer fällt, meine Gedanken ziel- und punktgenau so zu Papier (hier genauer "zu Bilschirm") zu bringen, um ohne Nachfragen richtig verstanden zu werden.

Es ist sogar noch schlimmer (?Nun haben aber die Sirenen eine noch schrecklichere Waffe als den Gesang, nämlich ihr Schweigen.? ? Franz Kafka),

selbst, wenn Du Dich perfekt und differenziert hoch drei ausdrückst, wirst Du missverstanden.
Du hast keine Chance. Nutze sie !

winking smiley



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.02.06 09:27.
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 09:29
Eben!


Und dieses Kreutterbuch von Mattiolo habe ich persönlich ganz objektiv vor ca. 3 Jahren im Karl May Museum in Hohenstein-Ernstthal in einer Vitrine liegen gesehen.
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 10:05
Hallo, Sylvia!

Es ist - wie Rajo schrieb - eine Verwechslung meinerseits. Ich meinte das von May erfundene Märchenbuch, das er in "Mein Leben und Streben" so beschreibt:

Quote

Der Hakawati.

d.i.


der Märchenerzähler in Asia, Africa, Turkia, Arabia, Persia und India sampt eyn Anhang mit Deytung, explanatio und interpretatio auch viele Vergleychung und Figürlich seyn

von

Christianus Kretzschmann
der aus Germania war.
Gedruckt von Wilhelmus Candidus
A. D: M.D.C.V.

* * *

Eine solche Erfindung kann im Gegensatz zu meiner Fehlleistung keine Erinnerungstäuschung sein.
Re: Karl May - Chronik
14. Februar 2006 11:21
Märchenhaft allerdings ist an diesem Kreutterbuch immerhin doch etwas, nämlich dies:

Im Zvab wird derzeit eines angeboten für (ta-ta-ta-taaa) 10.000 Eur. (Einen link dazu habe ich in -->Lagerfeuer, -->Sonderwünsche gestellt. Sowas muss man mal gesehen haben!)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.02.06 11:41.
Re: Karl May - Chronik
23. März 2006 17:03
"Charakterlose Qualle" wird jetzt in meinen aktiven Wortschatz eingehen. Aber ich werde nicht - wie May - anschließend noch seitenlange Ausführungen zur Begründung bringen, wenn ich das Wort jemandem um die Ohren haue. smiling smiley

ta

PS: Chronik IV; Brief an einen jungen May-Leser, der anderer Meinung ist
Re: Karl May - Chronik
03. Mai 2006 18:43
Chronik Band V ist jetzt auch im (gutsortierten) Buchhandel erhältlich, samt Begleitbüchelchen. Letzteres erinnert von Buchrücken und Aufmachung her eher an die ?Karl-May-Welten? (Taschenbuch), ist aber inhaltlich eine feine Sache. Man kann sowohl zu Werken wie zu Personen gezielt nachschlagen.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.05.06 21:21.
Re: Karl May - Chronik
03. Mai 2006 21:23
Hausschatz-Redakteur Denk (mit dem May ja unmittelbar zu tun hatte) bezeichnet den ?Mir von Dschinnistan? einem Dritten (Pöllmann) gegenüber als ?Quark? und ?Gesudel? (S. 12) und macht aus seinen Antriebsmotiven im Umgang mit May keinen Hehl (?Nahezu zwei Jahre mussten vergehen, ehe es uns gelang, ihn abermals vor die Türe zu setzen?).

Als 1910 in Leipzig ein Raubmord verübt wird, holt das dortige Polizeiamt bei den Kollegen in Dresden Auskünfte über Karl May ein, und schickt die Akten später mit dem Vermerk zurück, May komme als Täter nicht in Frage (!)

Interessante Argumente Ansgar Pöllmanns, der mir kürzlich schon als durchaus kluger Kopf aufgefallen war, auf S. 17.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.05.06 21:25.
Re: Karl May - Chronik
06. Mai 2006 09:36
Von woanders her hierher zitiert:

Quote

Zwei Fragen:

jener Max Weiß, der des öfteren (jeweils May-kritisch) erwähnt wird (z.B. S. 57), ist das der gleiche, der später ?Am Jenseits? bearbeitet hat ?

Auf S. 51 steht ein Briefzitat und dann in Klammern ?Winnetou IV 303?. Wie ist das zu verstehen ? Auf S. 303 im Fehsenfeld-Reprint steht das Zitat nicht, steht es in einem anderen Reprint ?

1. Jener Max Weiß ist jener Max Weiß. Da gibt es nur einen in der May-Szene.

2. Das Zitat bezieht sich, wie aus dem Sigle-Verzeichnis hervorgeht, auf die 2. Auflage das KMG-Reprints "Winnetou IV". Wer die erste Auflage besitzt, findet das Zitat auf Seite 296.
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