Der Vergleich heute morgen mit Old Wabble war ja ausgesprochen oberflächlich, zwar verwandelt der (Wabble) sich auch beträchtlich, wie auch Murad Nassyr und andere, auch Verwandlungen in die andere Richtung (von "böse" nach "gut") gibt es, denken wir z.B. an den Herzog von Olsunna.
Aber (das "zwar" oben war noch offen ...) solche Verwandlungen sind ja eher Schein-Verwandlungen, so wie es nach einem schönen Sommer Herbst und dann auch noch Winter wird, da kann man ja auch nicht sagen, jetzt zeigt das Wetter sein wahres Gesicht, nein, wenn man etwas vogelperspektivischer guckt, weiß man ja, es geht immer wieder im Kreis herum oder auch hin und her und her und hin und ist alles von vornherein enthalten, wie heißt das schöne Wort, latent.
Bei Kafka (in der "Verwandlung") geht es um etwas anderes, (unter anderem) um körperliche Formen annehmende Andersartigkeit, Anderssein, auf das dadurch, daß es eben so erschreckende (körperliche) Formen annimmt, dann aus vermeintlich "gutem Grund" in Form von Ausgrenzungsmechanismen, die letztlich bis zur physischen Vernichtung gehen, reagiert wird. Übertreiben veranschaulicht, und das wußte Kafka. Er hat schon sehr deutlich wahrgenommen, was so abgeht in der Welt, und das auf seine sehr spezielle Art aufgezeigt. Das, was er sieht, ist schon richtig gesehen, er hätte nur nicht so leidvoll darauf reagieren müssen (jetzt meine ich nicht mehr primär sein Werk, sondern eher seine Biographie), Hemingwaysche Sätze wie "Man kann vernichtet werden, aber man darf nicht aufgeben" oder "Wer leidet, paßt nicht in dieses Klima" gefallen mir da schon besser. Den Schluß der "Verwandlung" finde ich übrigens sehr ähnlich dem des "Hungerkünstlers", auch Thomas Manns strahlender Klöterjahn jr, bei dem einem ebenfalls schlecht werden kann, fällt mir spontan ein. Diese drei Schlüsse sind auch schon "wunderbar" mißverstanden worden, als fände der jeweilige Autor diese kraftstrotzenden Lebensäußerungen auch noch etwa gut, das glaube ich nun freilich nicht (aber ich kann mich natürlich irren).
Was fällt mir da nun entsprechendes bei Karl May ein ? Die Heimkehr zur Mutter zum Beispiel, die ihn gleich wieder wegschickt, auch Wollschläger verbreitet sich über diese traumatische Erfahrung, im Werk kommt das irgendwo im "Verlornen Sohn" vor, als einer selig ist es zu den geliebten Leuten geschafft zu haben und dann gleich wieder weggeschickt wird, weil's ihnen unbequem ist, was fällt mir noch ein, Sternau weihnächtens in der Gefängniszelle, der Erzähler diverse Male unter der Erde usw., daß sind diese Erfahrungen des mutterseelenallein und (scheinbar) von Gott und der Welt verlassenseins (irgendeiner wird da im "Waldröschen" hilflos auf einem Floß ausgesetzt, das hat auch sowas), Kolbenhiebe b.A., die das Leben immer wieder bereithält, die kannte Karl May recht gut.
Daß Andersartigkeit körperliche Formen annimmt wie in der Kafka-Erzählung finden wir so krass bei Karl May natürlich nicht, aber in harmloserer, entfernt vergleichbarer Form: all die überlangen Kerle, die zu klein geratenen, die kugelrunden Bäuche, die überlangen Nasen, fehlenden Ohren, die Macken aller Art usw., das erinnert mich zwar mehr an Beckett (der Mensch ist aus dem Lot) als an Kafka, geht aber auch ein wenig in die Richtung, wenn auch etwas liebevoller, versöhnlicher. Aber man gucke sich wirklich mal die Figurenpalette in Karl Mays Gesamtwerk an: teilweise ein Panoptikum an äußerlich grotesken Erscheinungen, in denen sich, wenn man so will, innerliches spiegelt.
Das mal so frisch von der Leber gebrainstornt, nach dem Motto "Was mir auf Fahrradtouren sonst noch so einfällt".
(Falls es wieder Zweifel gibt: das ist alles zu hundert Prozent ernstgemeint, da beißt die Smiley-Augenzwinkerei keinen Faden ab.)
(Mosaik kenne ich nicht so gut, aber Lucky Luke habe ich mir gestern mal wieder gekauft)
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.07.08 07:54.
