Bisserl zur Auflockerung ... Foren-Etikette ...

Im Wagner- bzw. Festspielforum wurde gefragt ob einer über eine bestimmte Aufführung berichten kann. Darauf schrieb einer (Nein, nicht ich ):

Ja, kann ich. War ein Murks. Villazon musste ich nach der Arie ausbuhen, um mal bisschen die Stimmung zu ändern, mal eine andere Farbe reinzubringen in diesen luschtigen Abend. Villazons Augenaufschlag in meine Richtung zeigte mir: zumindest angekommen. Aber das wird ihn (zurecht) nicht gejuckt haben, Gage stimmte, alle anderen haben geklatscht und zwei Herren in der 12. Reihe, die sich profilieren wollten (also ähnlich wie ich), riefen Bravo.

Samuil ist der Rolle der Adina nun endgültig entwachsen und bei den beiden Herren Belcore und Dulcamara dachte ich die ganze Zeit nur daran: meine Güte, in den beiden Rollen habe ich Sereni und Panerai gesehen und gehört, und nun schau dir diese beiden Pappnasen davorne an. Den Belcore kannte ich überhaupt nicht, keine Ahnung, wie der hieß (war mir auch scheißegal), den anderen erkannte ich als den Schulfreund von Villazon: Alfredo Daza, aber das machte die Sache auch nicht besser.

Die Inszenierung hatte ich vorher nur ein einziges Mal gesehen und da sang Spaßbremse Ramon Vargas, was aber seinerzeit ein Segen war, dadurch wurde diese Dick und Doof-Inszenierung halbwegs erträglich. Jetzt mit dem Kasperle Villazon war es unerträglich. In der Pause erzählte mir einer, Villazon macht jetzt abwechselnd zusammen mit Christoph Wulff die Moderation bei "Wetten dass.....". Haha, ich lachte freundlich über den gelungenen Witz und merkte an: dann müssen'se sich aber gleich in der ersten Sendung Klaus Maria Vogt einladen, dann ist das Trio komplett. Worauf er entgegnete: Aber nur wenn er "Dein ist mein ganzes Herz" singt. Ja, haha, sehr witzig.

Wir tranken unser Bier aus (jeder sein eigenes), aßen unsere Brezeln auf und dann klingelte es schon wieder. Mit trüber Miene und der Melodie aus der Ballade der Säckeschmeißer trollte ich mich auf meinen Platz: "Oh, mich zieht's nach einem fernen Lande, wo die schlanke Tropenpalme prangt. In Brasilien, am Rio Grande werden Kaffesäckeschmeißer verlangt". Und rinn mit Rolando in den Ozean....



Da geht das ... man stelle sich das so mal in Mayforen vor ... z.B. in einem Bericht über irgendwelche Freilichtbühnenkönige ...





2-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.03.12 13:52.

Wieso hatte ich eigentlich erwartet, dass Wagner- bzw. Festspielexperten sich einer gesittet(er)en Sprache befleißigen würden?

Vielleicht eine Klischeevorstellung ?



(Mir gefällt's ... Leider tummeln sich in jenem Forum außer diesem wirklich originellen Herrn auch die arrogantesten und miesesten A.......... die ich jemals erlebt habe ... also wer meint die vermeintlich gebildeteren wären in Sachen Verhalten sozusagen die besseren Menschen der irrt beträchtlich, was sie dort immer wieder ins Auge springend unter Beweis stellen ...)

(Was ich herüberbringen wollte war wie erfrischend es andernorts zugehen kann, während sie sich in Mayforen gern ins Hemd machen wenn einer mal so schreibt wie ihm der Schnabel halt gewachsen ist, und in Sachen Einschätzung anderer kein Blatt vor den Mund nimmt ...)

jaa, schon - trotzdem sollte man einem Mindestmaß an Umgangsformen eine gewisse Berechtigung auch nicht absprechen...

Also mir ist es lieber einer haut mir die Wahrheit um die Ohren oder auch das was er dafür hält, solange er ehrlich und fair dabei bleibt, als wenn sich alle gegenseitig immer Höflichkeitsfloskeln vorsülzen, auf die man halt rein gar nichts geben kann, und man es nur noch mit Masken zu tun hat ... (oder Schatten ...) Ich frag' mich immer warum sie das eigentlich machen, im Geschäftsleben usw., alle spielen sich etwas vor und jeder weiß das, was soll's also ... ein täglicher völlig abartiger Maskenball ... [Wenn man z.B. mal im Lokal auf die blöde Frage ob es geschmeckt hat sagen würde 'Naja es ging so' (Gelegenheit dazu das angemessenerweise zu sagen hat man wahrlich häufiger ...) würden sie sozusagen die Welt nicht mehr verstehen ... Sie sollten dieses alberne Ritual weglassen, dann wäre man nicht genötig zu lügen ...] [Anderes Beispiel in Sachen Umgang miteinander, ein Chef hat mir mal Nase an Nase ins Gesicht geschrien "Sie gehen mir auf den Keks" ... Da habe ich in der gleichen Sekunde gedacht wo er Recht hat hat er Recht ... Andere wären tödlich beleidigt gewesen ...]

Rüdiger schrieb:
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> Sie sollten dieses alberne Ritual weglassen, dann
> wäre man nicht genötig zu lügen ...

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Genau so sage ich das zur Bedienung im Restaurant, wenn es mir zu viel wird. Erst dieses ständige Nerven, ob es schmeckt, ob es immer noch schmeckt, ob ich noch was brauche, dann wird einfach mal aus meiner Flasche nachgeschenkt, obwohl ich das gar nicht wollte (ich soll wohl schneller neuen Durst bekommen und nachbestellen), dann wenn ich fertig bin geht das gleiche noch mal los, nur um die Frage erweitert, ob ich noch einen Wunsch hätte. Wenn ich dann sage, "ich würde gern einfach in Ruhe essen" gibt es dann diesen beleidigenden Blick, weil ich ja ab jetzt als "schwieriger Gast" eingestuft werde. Nun muss ich eigentlich nur noch auf die nervige Fragerei eingehen und wahrheitsgemäß antworten: "am liebsten wäre mir jetzt ein Nachttopf unter meinem Tisch, ich bin zu faul um auf den Lokus zu rennen." Mach ich dann natürlich nicht, weil man sich ja in der Öffentlichkeit wieder dem gesellschftlichen Zwang unterwirft und nur aus purer Höflichkeit das Personal mit dem ebenfalls gleichem versteinerten Lächeln anlügt.

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3-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.03.12 22:21.

Ich habe beruflich mit Hotelbestellungen zu tun, da höre ich mehrmals in der Woche diesen von oben verordneten völlig schwachsinnigen Singsang "GutenTagdasHotelSchießmichtotMeinNameistSamanthaSiebenschönWaskannich fürSietun", da juckt es mich auch immer, mal irgendeinen Blödsinn zu antworten, wie "Lassen Sie uns erst die Buchungen durchgehen" oder auch "Ach wissen Sie, man wird älter ..." (Und die armen Wesen müssen ihren Spruch jeden Tag hundert oder weiß ich wieviel Mal aufsagen ...) Oder in jedem Laden, Dankeschön Bitteschön Gern geschehen Wiedersehen Schönen Tag noch Ihnen auch Sie mich auch ...



(Hat der Sedlmayr mal im Fernsehen dem Castorf (Claus Hinrich, bitt'schön, nicht Frank ...) erzählt, meldet das Langzeitgedächtnis, sein Vater habe einen Laden gehabt, den Kundinnen beim Hinausgehen die Tür aufgehalten, Gnädige Frau beehren Sie uns bald wieder undsoweiter, und auf Castorfs Frage was er nach Schließen der Tür gesagt habe kam ganz trocken "Mistviech hat er g'sagt" ...)

Als noch, ich kann mich da noch daran erinnern, Verkäufer/innen und Bedienungen deutlich und ehrlich gezeigt haben, dass sie sich eigentlich durch jeden Kunden oder Gast gestört fühlten, da hat man sich lauthals über die "Servicewüste Deutschland" beschwert. Man hat dann die Umgangsformen aus den USA (wie so vieles andere) hier zu kopieren. Was man allerdings häufig nicht mitgekriegt hat, ist dass dies dort alles nur Leerfloskeln sind, mit denen einem die Ohren vollgedröhnt werden. So eben jetzt auch hier.


Helmut

Helmut schrieb:
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> "Servicewüste Deutschland"
>
> Umgangsformen aus den USA ... kopieren.
>
> Was man allerdings häufig nicht mitgekriegt hat, ist
> dass dies dort alles nur Leerfloskeln sind, mit denen
> einem die Ohren vollgedröhnt werden. So eben jetzt auch hier.
>
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Ich bekomme 'dort' aber immer noch im Supermarkt an der Kasse meine Ware von einer Hilfskraft eingepackt, während ich 'hier' kaum hinterher komme, das Zeug vom Band zu nehmen oder gar link angemacht werde, wenn ich mir erlaube, wegen zwei, drei Artikeln auf den Einkaufswagen zu verzichten. Zumindest an dieser Stelle haben unsere Supermärkte noch einen gewissen Nachholebedarf. Bei "Kaufland" beispielsweise ist das Personal angewiesen, beim Bezahlvorgang zu hinterfragen, ob mit dem Einkauf alles in Ordnung war (eigentlich Schwachsinn, wenn ich mir etwas zu Essen kaufe kann ich an der Kasse noch nicht wissen, ob alles in Ordnung war oder versteckte Mängel auftreten). Eine negative Antwort ist allerdings nicht erwünscht, jedenfalls habe ich noch nie bemerkt, das die Kassiererin (die offenbar auch nur eine stundenweise Hilfskraft zu sein scheint) eine kritische Bemerkung notiert, um sie an die richtige Stelle weiterzuleiten.

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1-mal bearbeitet. Zuletzt am 20.03.12 10:09.

Da kommt man leicht in eine andere Diskussion:
Jobs, von denen man 10 braucht, um davon leben zu können, gibt es mittlerweile auch hier schon mehr als genug.
Von solcher Art sind nämlich die, die einen in den USA die Sachen in Tüten packen.

Helmut

[www.youtube.com]

Nur mal am Rande: Der Service, die Einkäufe an der Kasse einzupacken, ist in Deutschland nicht durchsetzbar. Wallmart hat es vor Jahren versucht, das hier einzuführen und ist kläglich gescheitert.

"Lassen Sie das mal, junger Mann ... Das sind meine Einkäufe ... Finger weg ... Sie machen das ja sowieso ganz falsch ... So zerdrückt ja alles ... "

usw usw. Wie gesagt: Wallmart hat aufgegeben.

Ich erinnere mich daran, dass ein amerikanischer Journalist (Don Jordan war's glaub ich) im "Presseclub" folgendes zu Protokoll gab: "Du kannst in Deutschland mit einer Million in bar in der Tasche herumlaufen und findest keinen, der Dir die Schuhe putzt." Dazu würde ich sagen: Sieh an, man kann offenbar in Deutschland für Geld nicht alles kaufen. Wunderbar!

Hermesmeier schrieb:
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[...]

> Ich erinnere mich daran, dass ein amerikanischer
> Journalist (Don Jordan war's glaub ich) im
> "Presseclub" folgendes zu Protokoll gab: "Du
> kannst in Deutschland mit einer Million in bar in
> der Tasche herumlaufen und findest keinen, der Dir
> die Schuhe putzt." Dazu würde ich sagen: Sieh an,
> man kann offenbar in Deutschland für Geld nicht
> alles kaufen. Wunderbar!

Was natürlich für eine ganz bestimmte US-Mentalität bedeutet, daß bei uns ja doch quasi der Kommunismus herrscht. ;-)

Oder aber im Umkehrschluss, dass der Amerikaner im öffentlichen Empfinden schneller bereit ist, für Geld ALLES zu machen. Hängt aber mit der sozialen Abfederung zusammen, unsere Art der Sozialstütze ist dort gänzlich unbekannt. Für einen Großteil der Amis ist ja schon die Krankenversicherung eine Art Kommunismus.

Es ging da wohl um zwei Dinge, einerseits um die "Servicewüste Deutschland", andererseits darum, dass Menschen in Deutschland - eben anders als in Amerika - den Arsch nicht hoch kriegen, wenn sie denn arbeitslos geworden sind, sondern sich ins bequeme soziale Netz sinken lassen. So ist man in Deutschland auch eben arbeitslos bzw. euphemistisch "arbeitssuchend", wohingenen man sich in Amerika postiv denkend "between jobs" befindet.

Lee Jordan meinte wohl, der Bedarf an "Schuhputzern" sei da, aber er würde nicht bedient. Und das sei schließlich ein Job, den man ohne Investitionen ausüben könne, worauf er dann wohl die These gründete, deutsche Arbeitslose würden durch das soziale System zur Faulheit verleitet bzw. erzogen.

Aber er hat anscheinend keine Ahnung von deutscher Bürokratie (oder er ignoriert sie geflissentlich). Schuhputzen in der Einkaufszone ist einfach so mal Schwarzarbeit, und man kriegt neben Konflikten mit dem Finanzamt auch noch Ärger mit dem Ordnungsamt. Man müsste ein Gewerbe anmelden, sich versichern, eine Genehmigung beim Ordnungsamt einholen, sich deren Beschränkungen gefallen lassen (nur 1 Stunde an einem Ort, dann müssen Sie sich einen neuen Standort suchen usw.). Die Hürden in diesem Land, sich selbstständig zu machen, sind gewaltig hoch und erfordern allein für die Erfüllung behördlicher Vorschriften ein Mindestmaß an Bildung, das häufig nicht vorhanden ist.

Das alles mag Don Jordan gemeint haben. In der Pointiertheit seiner Formulierung überwog aber die Arroganz des Geldes, und die empfand ich spontan als ekelhaft.

Gott sei Dank!

"Etwas vom Geld her anschieben" ist nicht nur der Schlüsselsatz der US-Industrie, sondern auch der US-Mentalität: damit aber verengt sich das Bild des Meschen auf seine Marktfunktion und sein Idealismus auf das Bezahlbare. Dann wird frei gleich reich und gut gleich Kapitalist - und alles andere gleich schlecht und böse. Ideal und Idealismus werden zur Phrase und das Wertesystem zu $$ und Kontoauszügen... - - - das alles ist ekelhaft, weil es den Menschen von all dem entfremdet, was er nach Gottes Schöpfungsideal sein soll.