Karl May und die Franken 06. März 2008 14:00 |
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Auch die Andern tranken und gaben dann ein befriedigendes Gutachten ab, vielleicht nur, weil ich kein abfälliges Urteil ausgesprochen hatte. Das freute den Wirt sichtlich. Sein finsteres Gesicht heiterte sich für einige Augenblicke auf, und er meinte in selbstbewußtem Ton:
»Ja, ich bin selbst Bierbrauer. Das tut mir hier niemand nach.«
»Wo hast du das gelernt?«
»Von einem Fremden, welcher aus dem Bierland gebürtig war. Er hatte längere Zeit in Stambul gearbeitet und war eigentlich ein Schuster. Aber in jenem Lande brauen alle Bier, und darum verstand auch er es gut. Er war sehr arm und wanderte in seine Heimat zurück. Ich hatte Mitleid mit ihm und gab ihm für einige Zeit Herberge nebst Speise und Trank. Dafür hat er mir aus Dankbarkeit das Rezept des Bieres gegeben.«
»Wie heißt das Land, aus welchem er stammte?«
»Ich habe mir den Namen ganz genau gemerkt. Es heißt Elanka.«
»Du hast, wie es scheint, dir den Namen doch nicht ganz genau gemerkt.«
»O doch! Er lautete wirklich Elanka.«
»Oder wohl Erlangen?«
»Erla - - - Herr, du hast recht. So wie du sagst, so heißt das Land. Ich besinne mich. Das Wort ist nicht leicht auszusprechen. Kennst du es denn?«
»Ja, aber Erlangen ist nicht ein Land, sondern eine Stadt in Bawaria.«
»Ja, ja, du weißt es ganz genau. Er war ein Bawarialy. Jetzt fällt es mir ein. Bawaria ist ein Teil von Alemanja, wo alle Leute Bier trinken. Sogar die Säuglinge schreien schon danach.«
»Hat dir das dieser Schuster gesagt?«
»Ja, er tat es.«
»Nun, ich kenne ihn nicht und weiß also auch nicht, ob er bereits in so früher Jugend Bier getrunken hat. Jedenfalls aber hat er dir bewiesen, daß dieser Trank den Menschen nicht undankbar macht. Können wir auch etwas zu essen bekommen?«
[Karl Mays Werke: In den Schluchten des Balkan, S. 557. Digitale Bibliothek Band 77: Karl Mays Werke, S. 44497/44498 (vgl. KMW-IV.4, S. 373/374)]
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»Halt!« rief ich, als er bereits die Thür geöffnet hatte. »Du bist ein Deutscher?«
Im Nu hatte er sich trotz seiner Last zu mir herumgedreht.
Sein breites, ehrliches Gesicht glänzte von einem Ohre bis zum andern.
»Dos will ich wohl meinen, Herr! Sie wohl auch?«
»Allerdings. Wo bist du daheim?«
»Ich bin zu Haus' in Kaltenbrunn bei Staffelstein.«
»Also in Bayern. Aber dein Dialekt ist ein anderer als der in der Gegend von Staffelstein, wo ich ein so gutes, laufiges Bier getrunken habe!«
»Ja, Herr, dos is - - aber da habt ihr halt den Kerl wieder! Schleift ihn meinetweg'n, wohin ihr wollt!« unterbrach er sich, indem er den Tuareg zur Erde gleiten ließ. Dieser wurde hinausgeschafft, der Landsmann aber wandte sich wieder zu mir und reichte mir treuherzig die Hand. »So, itzt hab' ich halt nun die Händ' wieder frei. Grüß' Gott, Herr, in Afrika! Ja, in Staffelstein, da giebt's aan Bier, aan Bier, sag' ich, dos läuft wie die Maus ins Loch; drum ist's ganz richtig, wenn Sie sag'n, daß es laufig is. Also dort gewes'n sind Sie? Na, dos is halt schön; dos is halt prächtig! Und an meiner Sprach' is halt niemand schuld als die Leut' aus Baden und der Rheinpfalz hier, die mir den Staffelsteiner Dialekt halt ganz ver-
dorben hab'n.«
»Es sind Süddeutsche hier?«
»Satt und genug, Herr. Sie sind drauß'n auf dem Dorf Dely Ibrahim bei El Biar, wo's Trappistenkloster is. Aber wo sind denn Sie zu Haus'?«
»Ich bin ein Sachse.«
»Maschallah, tausend Schwerebrett, aan Nachbar von daheim! Darf ich halt frag'n, wie lange Sie noch hier bleiben werd'n?«
»Morgen früh reise ich wieder ab.«
»Schon! Wohin denn, wenn's erlaubt sein wird?«
»In die Sahara.«
»In die Sand- und Mördergrube? Aan Stück bin ich schon d'rin gewes'n, nämlich in Farfar, und hab' schon lang wieder 'mal hineingewollt. Maschallah, Herr, darf ich halt mit?«
Diese Frage kam mir nicht unwillkommen. Einen Diener mußte ich haben, und ein Deutscher war mir auf alle Fälle lieber als jeder andere.
»Gingst du wirklich mit?«
»Auf der Stell' und mit Plaisir!«
»Kannst du reiten?«
»Reiten? Wie der Teufel, Herr! Ich bin ja mit der Fremdenlegion herübergekommen und hab' halt bei den Chasseurs d'Afrique gestand'n.«
[Karl Mays Werke: Orangen und Datteln, S. 38. Digitale Bibliothek Band 77: Karl Mays Werke, S. 60531/60532 (vgl. KMW-IV.25, S. 30/31)]
Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 10:24 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 10:42 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 10:43 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 11:20 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 12:23 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 13:50 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 14:02 |
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Re: Karl May und die Franken 08. März 2008 19:13 |
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Josef Korndörfer mochte ich immer ziemlich gern. Es ist schade, dass er nicht mal in einem Werk "zurückkehrte".
Re: Karl May und die Franken 09. März 2008 06:45 |
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Re: Karl May und die Franken 09. März 2008 07:42 |
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Re: Karl May und die Franken 09. März 2008 08:00 |
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Das Satz gefällt mir.
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Wobei ich über die "Summe von Differenzen" jetzt nicht nachdenken mag
Re: Karl May und die Franken 09. März 2008 09:03 |
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Re: Karl May und die Franken 09. März 2008 09:16 |
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