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Komik und Elend oder Die Traurigkeit des Clowns

geschrieben von Rüdiger 
Komik und Elend oder Die Traurigkeit des Clowns
23. Oktober 2005 13:53
Man erklärte mir zwar heute von einigermaßen prominenter Stelle sinngemäß ebenso einfühlsam wie taktisch klug, Foren-Beiträge seien eigentlich nicht viel wert, und es käme nur auf gedruckte Bücher an, aber ich erlaube mir weiterhin, das anders zu sehen (was haben die Millionen von gedruckten Büchern bis heute letzten Endes gebracht ? Nichts. Foren bringen zwar auch nichts, sind aber immerhin so etwas wie lebendiger Austausch, oder vermitteln zumindest die Illusion davon), und mache fröhlich weiter.

Wie gesagt, an anderer Stelle kürzlich:

?Ekkehard entlarvt zur Zeit die Krise
Christopher die Analyse dieser Krise
Guntram die Krise dieser Analyse
Und ich
mach dummes Zeug?

(nach H.D. Hüsch)

(Hat vielleicht schon neulich keiner verstanden, aber man soll die Hoffnung nie aufgeben).

Also, mal wieder ein bißchen dummes Zeug:

*

?Was er aber sah, war dies: Komik und Elend? heißt es bei Thomas Mann im ?Tonio Kröger?, dieser Satz lässt sich auch gut auf Karl May anwenden. Immer wieder findet man in seinem Werk, wie im Leben, beides auf engstem Raum nah beieinander, ja gleichzeitig. Das ist einer der Aspekte, die mich bei ihm so faszinieren.

> ?Er ist in der Nähe?, antwortete Halef feierlich,

heißt es in ?Durch die Wüste?, als Omar Ben Sadek auf dem Salzsee nach seinem Vater fragt, der kurz vorher vor den Augen der anderen dort versunken ist, und es gilt, die entsetzliche Nachricht zu überbringen. Komik und Elend. Das eine schließt das andere nicht aus, und beides existiert neben- und beieinander, oft gleichzeitig, das wollen viele nicht wahrhaben, aber Karl May hat es immer wahrgenommen und vermittelt.

> ?Es ist doch für einen, der zu Tode gemartert werden soll, eine ungeheure Beruhigung, vorher den Sarg eines Andern ansehen zu dürfen !?

heißt es in Winnetou I, und kurz darauf, als es wiederum um Leben und Tod geht, und nach einem erschütternden vermeintlichen Abschied fürs Leben von Nscho-Tschi:

> ich tat aber womöglich noch niedergeschlagener als vorher, kauerte am Wasser nieder und wusch mir die Stirne, wie einer, welcher befürchtet, einen Schlaganfall zu bekommen, wenn er in das Wasser geht, ohne sich vorher abzukühlen.

Solche Stellen zeigen einen schillernden, doppelbödigen, völlig unberechenbaren Karl May, der manchmal auch ein bisschen etwas mephistophelisches an sich hat (die zuletzt zitierte Stelle ist übrigens in der Bamberger Ausgabe nach wie vor gestrichen).

Ein Höhepunkt in dieser Hinsicht ist eine Passage in ?Deutsche Herzen ? Deutsche Helden?, als Lord Eaglenest sich in einem Grab versteckt und als vermeintlicher Geist daraus hervorsteigt, um sich dort herumtreibende Missetäter fast zu Tode zu erschrecken; nachvollziehbares, tiefes Grauen und, gleichsam, Spiel & Spaß mit letzten Dingen gehen hier sozusagen gnadenlos Hand in Hand. Sehr gewöhnungsbedürftig, aber hochinteressant.

Und das ist es, warum ich immer dagegen bin, Karl May als gefälligen Unterhaltungsschriftsteller zu verbraten, denn solche Stellen sind von Anfang an und durchgehend bei ihm zu finden. Man denke z.B. im ?Schatz im Silbersee?, einer ?Jugenderzählung? (!) an die Szene auf der Prärie, als einer, der gar nicht unbedingt nur unsympathisch geschildert wird, seinen Kumpan in den sicheren Tod laufen läßt, um die eigene Haut zu retten. Und ein paar Seiten weiter kommt wieder der lustige Hobble-Frank. So ist das, bei Karl May wie im Leben.
Anonymer Teilnehmer
Re: Komik und Elend oder Die Traurigkeit des Clowns
23. Oktober 2005 14:46
Lieber Rüdiger,

Foren sind in der Tat wenig wert und ich vermisse Sie auch herzlich wenig, aber ich amüsiere mich natürlich köstlich, wenn ein Dr. Dieter Sudhoff sich im Stiftungs-Forum so herrlich mental abseits benimmt.

Sehr gut gefallen hat mir dein Beitrag dazu.

Viele Grüße
Kurt



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 26.10.05 19:49.
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