Beim Blick auf die Einschaltquote dürfte es für die RTL-Verantwortlichen am Montagmorgen eine leichte Ernüchterung gegeben haben. Laut DWDL-Meldung wurden 5,06 Millionen Zuschauer gemessen. Angesichts des massiven Werbeaufwands und der umfangreichen Berichterstattung quer durch alle Zeitungen sowie der Tatsache, dass der Film ohne Werbeunterbrechungen lief, wird das intern wohl als Flop verbucht werden.
Inhaltlich: Na ja.
Losgelöst von May, rein als Film betrachtet, fällt er nach einem gelungenen Auftakt bald ins Mittelmaß ab und war im Mittelteil ziemlich zäh inszeniert. Die Ausstattung war allerdings grandios.
Als Karl-May-Film betrachtet: Die Handlung der ersten Hälfte folgt recht frei Winnetou I, die zweite Hälfte ist frei erfunden. (Was nicht so schlimm wäre, wenn der Film etwas spannender inszeniert wäre.) Hauptproblem sind die Figuren: Ein Old Shatterhand, der sich irgendwie den ganzen Film über nie vom Greenhorn zum Westmann weiterentwickelt und der Rattler zum Sterben auf einer vor einer Sprengung stehenden Brücke zurücklässt. Ein Winnetou, dessen erste Handlung es ist, zu versuchen, einen schwer verletzten Karl May zu skalpieren und der auch den Rest des Films immer wie ein böser Racheengel wirkt. Sam Hawkens kann man noch nicht recht einschätzen, da er nur vier Szenen (fünf, wenn man das eine Mal, als er im Hintergrund rumsteht, mitzählt) hat. Die Blutsbrüderschaft fehlt und damit eigentlich ein wichtiges Element für die Beziehung zwischen Old Shatterhand und Winnetou. (Man stelle sich vor, Peter Jackson hätte seine Herr-der-Ringe-Filme gedreht und dabei "den einen Ring" weggelassen). Insgesamt, na ja, "Winnetou und sein Freund Old Firehand" hatte noch weniger Karl May. Das ist doch wenigstens etwas.
Kleine Episoden am Rand: 1. Karl May mag gute Schokolade aus Leipzig. 2. Viele RTL-Zuschauer glauben jetzt, Karl Mays Vater war Bergmann und ist bei der Niederschlagung eines Streiks ums Leben gekommen.
