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Jahrbuch der KMG

geschrieben von JennyFlorstedt 
Jahrbuch der KMG
27. November 2012 22:01
Im aktuellen Jahrbuch - kam heute - ist ein längerer "Artikel" über einen angeblichen Zweizeiler von Karl May ( "Nix Orient, nix Wilder Westen: /
daheem in Sachsen ist's am besten!").
Und dann mehrere Seiten mit Interpretationen bzw. Statements namhafter Karl-May-Forscher.

(tw. postum) äußern sich u.a. Ernst Bloch, Hansotto Hatzig, Walther Ilmer, Eckehard Koch, Claus Roxin, Arno Schmidt, Helmut Schmiedt, Rudi Schweikert, Hans-Dieter Steinmetz, Heinz Stolte, Ulrich von Thüna, Hartmut Vollmer, Hermann Wohlgschaft und Hans Wollschläger.

Beispiel:

Quote

Roland Schmid
Nach reiflicher Überlegung habe ich beschlossen, dieses Gedicht in „Karl May’s Gesammelte Werke“ aufzunehmen. Von Weitschweifigkeiten und Flüchtigkeiten befreit lautet es nun: „Nicht Morgenland, nicht die Prärien, Radebeul ist vorzuziehn.“

Ich danke der Reihe von Mitarbeitern, die dem Verlag bei der mühevollen Sichtung und Durchfeilung des Zweizeilers langjährig zur Seite gestanden haben. — Nachtrag Bernhard Schmid: Das Gedicht wird in einer rückbearbeiteten Form aufgenommen werden in Band 111 der „Gesammelten Werke und Briefe“. Diese Rückbearbeitung wird Christoph F. Lorenz durchführen, der im Vorwort die Vor- und Nachteile der bearbeiteten Version abwägen wird. Angaben zur wechselvollen Geschichte des Zweizeilers und den verschiedenen Schubladen, in denen der Text gelegen hat, wird Ekkehard Bartsch in seinem Nachwort liefern.


Die beiden Ghostwriter (Martin Lowsky & Ulrich Scheinhammer-Schmid) haben die jeweiligen Spezialgebiete und die Ausdrucksweise so kongenial getroffen.

Ich könnte mich echt wegschmeißen.
Re: Jahrbuch der KMG
28. November 2012 07:28
In diesem berührenden Zweizeiler Mays sehen wir die Essenz seines Lebens und Strebens gleichsam bündig auf den Punkt gebracht.

Nicht im Orient, nicht im 'Wilden Westen', nirgendwo sonst auf der Welt, nicht im Außen ist Heimat und Ziel ... Denken wir hier auch an Novalis ("Wo gehen wir denn hin ? Immer nach Hause ..."), Ibsens Peer Gynt ("Hier war mein Königreich"), Montaigne im Turmzimmer, der die Welt außen vor ließ, den späten Horst Buchholz (der auf die Frage, warum er nicht mehr an gesellschaftlichen Ereignissen wie Empfängen etc. teilnehme, nur "déjà-vu" antwortete ...) und viele andere.

Auf einer weiteren Leseebene entdecken wir hinter der vermeintlich nur schlicht-hemdsärmeligen Sprachform "Nix" die Nebenbedeutung "Nixe", was auf Hanneh im Orient und Judith Silberstein im Westen verweist ... Mit Hanneh hat der Erzähler seinerzeit, wie schon Walther Ilmer andeutete, ein mal geschlafen, um sie dann angemessenerweise doch wieder an den treuen Hadschi Halef sozusagen abzutreten und sich auch innerlich wieder zurückzuziehen, und auch Judith hat, wie wir in der Originalfassung der "Satan und Ischariot" - Trilogie lesen, "nie wieder von sich hören lassen". Hier wird erotische wie emotionale Erfahrung auf feine Weise verarbeitet, nebst einer unausgesprochenen bzw. nicht direkt ausgesprochenen anrührenden Würdigung Klaras.

May hat dies alles und noch viel mehr in Form eines scheinbar anspruchslosen Zweizeilers in Dialektform kunstvoll kaschiert, um auch dem einfachen Publikum die Möglichkeit zu geben, es auf seine Weise zu goutieren, ein Kunstgriff, den wir so oder in anderen, variierenden Formen immer wieder bei ihm erleben können.

Verglichen mit dem Originaltext fällt die Bearbeitung scheinbar deutlich ab.

Zunächst fällt eine gewisse Versachlichung auf, statt des eher romantisch assoziierten "Orient" ein [je nach individuellem Empfinden] nüchterneres "Morgenland", statt des "Wilden Westen" gar "Prärien", was Bezug zu eindeutiger zuordbarer Geographie einschließlich nüchternen faktischen Aspekten wie Bodenbeschaffenheit, Flora & Fauna usw. herstellt. Auf sprachliche Abseitigkeiten wie umgangssprachliche Kurzformen oder Dialekt wird gänzlich verzichtet. Aus Sachsen wird einfach Radebeul, was nicht zuletzt auch der Tatsache, daß sich dort seinerzeit der Verlagssitz befand, geschuldet ist. Die im Original mitschwingenden hintergründigen eigentlichen Botschaften des Textes entfallen, zugunsten einer schlichten Aussage im Sinne eines Lobes Radebeuls. Wenn man so will bzw. halt genau hinschaut, lautet die eigentliche Botschaft hier "Kaufen Sie Karl Mays gesammelte Werke." Und dahinter entdeckt der noch mehr geneigte Leser noch etwas, nämlich das was die Verlegerfamilie schon damals auszeichnete und bis heute, wie erst kürzlich wieder deutlich wurde, prägt: Selbstironie.

smiling smiley

winking smiley
Re: Jahrbuch der KMG
28. November 2012 08:42
Man merkt eben gleich an dem Zweizeiler, dass Karl May nicht sächsisch schreibe, sondern die erzgebirgisch-ostfränkische Mundart, denn eigentlich wollte er ja schreiben, so wie es ganz deutlich an- und mitklingt:

Quote

nedd im oriänd, und nedd im wilden wesden,
na, dehamm iss immer noch am schänsden

(hupf)
Re: Jahrbuch der KMG
30. November 2012 13:23
@ Martin Lowsky & Ulrich Scheinhammer-Schmid

Dank. (Zitat Valeska Petermann)

You made my day ...

Dürfte zum Besten gehören, was jemals in einem Jahrbuch der KMG zu lesen war.

smiling smiley

(y)
Re: Jahrbuch der KMG
30. November 2012 17:11
Sehr schöne Persiflage-Sammlung. Hätte nie gedacht, dass man sich in der KMG auch mal selbst auf die Schippe nimmt - im Jahrbuch. Es brechen tolle Zeiten an.

@Rüdiger: Ich musste das jetzt mal etwas aufklären, weil, wenn Du das gut findest, könnte es von anderen erst einmal für nunja ... nicht so relevant gehalten werden.

@Alle: Das meinte ich jetzt wirklich ganz ohne Häme.
Re: Jahrbuch der KMG
30. November 2012 17:43
Was ich mit dieser kruden Anpinkelei jetzt anfangen soll weiß ich nicht aber ich muß auch nicht alles verstehen im Leben ...
Re: Jahrbuch der KMG
30. November 2012 20:24
Und ich bin völlig perplex, dass ich noch erleben kann, dass wir drei in einer Sache einer Meinung sind. Prost!
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