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Mischehe

geschrieben von Hermesmeier 
Mischehe
28. Oktober 2009 00:41
Hallo zusammen,

Im Magazin-Forum wurde behauptet:
Quote

In GW VII war das Wort Mischehe nach 33 drin

Ums kurz zu machen: Die "Mischehe" gibt es im ersten Winnetou-Band nur in einer einzigen Auflage, und zwar im Jahr 1948! Einen Zusammenhang mit dem 3. Reich, der an jenem Ort impliziert wird, gibt es nicht.

In der ersten Textbearbeitung, die im "Pfälzer Boten" [1933] abgedruckt war, wohingegen der Text in den GW unverändert blieb, liest sich das so:
Quote

Ich gönnte Nscho-tschi den besten, edelsten Mann; ich aber war nicht nach dem wilden Westen gekommen, um mir eine rote Squaw zu nehmen; ich hatte nicht einmal an eine Weiße gedacht. Mein Lebensplan schloß, wie ich annahm, eine Verheiratung überhaupt aus. (5. Juli 1933)

Im 361.-410. Tausend (der einzigen bearbeiteten Radebeuler GW-Auflage von 1941) heißt es hier:
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Ich gönnte Nscho-tschi den besten, edelsten roten Krieger und Häuptling. Ich aber war nicht nach dem Wilden Westen gekommen, mir eine rote Squaw zu nehmen, ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß. (S. 438)

Die darauf fußende Frontbuchhandelsausgabe aus Oslo (1944) belegt nur eine Unfähigkeit zum Drucken von Ligaturen:
Quote

Ich gönnte Nscho-tschi den besten, edelsten roten Krieger und Häuptling. Ich aber war nicht nach dem Wilden Westen gekommen, mir eine rote Squaw zu nehmen, ganz abgesehen davon, dass mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloss. (S. 330)

Ein einziges (!) Mal findet sich die "Mischehe" im 371. bis 380. Tausend (St. Otto-Verlag Bamberg, 1948):
Quote

Ich gönnte Nscho-tschi den besten, edelsten roten Krieger und Häuptling. Ich aber war nicht in den Wilden Westen gekommen, um eine Mischehe zu schließen, ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß. (S. 416)

Die parallel erschienene und von Ludwig Patsch betreute Wiener Lizenzausgabe (381.-400. Tausend) kannte die "Mischehe" hingegen nicht:
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Ich gönnte Nscho-tschi den besten, edelsten roten Krieger und Häuptling. Ich aber war nicht in den Wilden Westen gekommen, um mir eine rote Squaw zu nehmen; ich hatte nicht einmal an eine weiße gedacht, ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß. (S. 431)

1950 gab's in der Bayerischen Verlagsanstalt in Bamberg (401. bis 420. Tausend) eine Neufassung, die ohne "Mischehe" auskam:
Quote

Ich gönnte Nscho-tschi dem [sic] besten, edelsten roten Krieger und Häuptling. Ich aber war nicht in den Wilden Westen gekommen, um mir eine rote Squaw zu nehmen; ich hatte nicht einmal an eine weiße gedacht, ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß. (S. 434)

Ebenfalls ohne "Mischehe" kommen alle darauf folgenden 568-Seiten-Fassungen der GW bis 1991 aus (hier nach 436.-455. Tausend):
Quote

Ich gönnte Nscho-tschi dem [sic] besten, edelsten roten Krieger und Häuptling. Ich aber war nicht in den Wilden Westen gekommen, um mir eine rote Squaw zu nehmen; ich hatte nicht einmal an eine weiße gedacht, ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß. (S. 434)

Wer über Bearbeitungen diskutiert und Dritte-Reichs-Ideologie unterstellt, sollte die Textfassungen und ihre Erscheinenszeitpunkte wenigstens kennen. Es kann nur davor gewarnt werden, entsprechende Behauptungen aus der Sekundärliteratur ungeprüft zu übernehmen, auch dann, wenn sie von renommierten Autoren stammen (Heermann, Der Mann, der Old Shatterhand war, Verlag der Nation 1988, S. 19), und erst recht, wenn verbotene Bücher die Quelle sind.

"Mischehe" ist übrigens kein ausschließlich NS-ideologischer Begriff, denn er bezeichnet bis heute interkonfesssionelle Lebenspartnerschaften. Dass "Mischehe" nicht ausschließlich NS-Jargon ist, belegt auch die Wikipedia.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 06:38
Quote

und erst recht, wenn verbotene Bücher die Quelle sind

Das in der Tat unnötigerweise sehr polemisch gehaltene, davon abgesehen aber auch sehr informative "verbotene Buch" (es dürfte "Karl Mays Werke" von Klaus Hoffmann gemeint sein) nennt die Quelle des Zitates von der Mischehe (u.a. !) aber sehr genau, auf S. 234. Übereinstimmend mit oben angegebenem sowie weiteren Informationen.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 07:11
Es ist ja nicht das Wort Mischehe allein. Wenn da steht "Ich aber war nicht in den Wilden Westen gekommen, um eine Mischehe zu schließen, ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß" statt "ich aber war nicht nach dem wilden Westen gekommen, um mir eine rote Squaw zu nehmen; ich hatte nicht einmal an eine weiße gedacht. Mein Lebensplan schloß, wie ich annahm, eine Verheiratung überhaupt aus" bekommt der Aspekt der unterschiedlichen Rasse natürlich eine weit stärkere Gewichtung. Aber das hat der Bearbeiter vielleicht gar nicht gemerkt ... (das kann man durchaus vermuten, wenn man sich andere bearbeitete Stellen so ansieht ... es reichte manchmal zu so etwas wie "wir kürzen das mal etwas ein, ist ja dasselbe", aber darüber hinaus eben leider nicht ... in einer anderen früheren Bearbeitung (mittlerweile aus dem Verkehr gezogen) stand "Unser Abschied war kurz" statt "In Beziehung auf unseren Abschied fasse ich mich kurz", oder, in einem anderen Band (ebenfalls mittlerweile aus dem Verkehr gezogen) "vom Alter gebeugt" statt "nicht ungebeugt von diesem Alter", das ist eben NICHT einfach nur doppelte Verneinung und damit einkürzbar, das muß ich hoffentlich nicht erklären ... soviel zum Thema Merken ...)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.09 07:13.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 07:53
Es gibt noch einen Unterschied zwischen "...ganz abgesehen davon, daß mein Lebensplan eine Verheiratung vorläufig überhaupt ausschloß." und "Mein Lebensplan schloß, wie ich annahm, eine Verheiratung überhaupt aus." Die Betonung liegt auf "vorläufig". Die Bearbeiter wollten ihn wohl die Option offen lassen zu heiraten, während May es kategorisch ablehnte. Er schrieb das Buch 1893 und wußte wohl warum. Hätte ers mal früher gewußtgrinning smiley.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 08:14
Nicht ganz so. Der Bearbeiter sieht das so wie Du es gesagt hast, läßt ihm die Option offen, legt es dem Erzähler auch so in den Mund, daß der sagt, er wollte [damals] vorläufig nicht heiraten. In der May-Fassung (klingt auch gut, was ? May-Fassung ...) ist es so, daß er deutlich werden läßt, daß er damals eine Verheiratung ausschloß, aber jetzt, 1893, weiß, daß das nur eine Annahme war seinerzeit, die sich mittlerweile (1893) erledigt hat. - Das ist wieder ein bißchen so ähnlich wie die Sache mit Krüger Bei neulich im Stiftungsforum, Du erinnerst Dich ... Auch in diesem Fall (May-Fassung Winnetou I) kann er eine Angelegenheit einfließen lassen, die er zum Zeitpunkt des Erlebens der Geschichte noch nicht wissen konnte, aber jetzt, 1893, beim Niederschreiben weiß, nämlich daß das mit dem Ausschließen nur eine Annahme war. So war es auch mit Krüger Bei, den kannte er zu "Schut"-Zeiten noch nicht, konnte ihn aber bei der Niederschrift des Buches durchaus erwähnen, da er ihn zwischenzeitlich kennengelernt hatte. (Irgendwann verstehst Du's, das mit Krüger Bei, es ist eigentlich wirklich einfach ... grinning smiley)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.09 08:14.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 08:24
Bevor wir uns hier aus dem Thread hinausbabbeln, zurück zur Mischehe ... das Wort hat Karl May auch 1 x benutzt bzw. seinem Hieronymus Aurelius Schneffke in den Mund gelegt, in "Die Liebe des Ulanen":

"Er hat ihr vorgestellt, daß sein Stammbaum durch die Mißheirath befleckt sei. Er hat ihr zu beweisen gesucht, daß sie durch diese Mesalliance und durch die von ihr eingegangene Mischehe Ihnen nicht nur einen unauslöschlichen Makel gebracht, sondern auch alle ihre Ansprüche an das Leben, an die Zukunft vernichtet habe."
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 08:34
Das Wort Mischehe muß sich also nicht auf Rassen beziehen, es kann z.B. auch für Standesunterschiede benutzt werden. Spinnen wir unser Phantasie ein wenig weiter aus, auch im Falle anderer Unverträglichkeiten ist von Ehen o.ä. ggf. strikt abzuraten, z.B. zwischen Klavierspielern und Nichtklavierspielern, wie eine beeindruckende Andeutung in "Von Bagdad nach Stambul" deutlich werden lässt, "Hat Dir der Engländer denn nicht gezeigt, wie dieses Instrument gespielt werden muß?" - "Sein Weib hatte Musik gemacht, war aber gestorben. Er schlug es mit den Fäusten und das gefiel ihm sehr, denn er lachte dazu."

grinning smiley



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.09 08:34.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 08:34
Quote

Das in der Tat unnötigerweise sehr polemisch gehaltene, davon abgesehen aber auch sehr informative "verbotene Buch" (es dürfte "Karl Mays Werke" von Klaus Hoffmann gemeint sein) nennt die Quelle des Zitates von der Mischehe (u.a. !) aber sehr genau, auf S. 234. Übereinstimmend mit oben angegebenem sowie weiteren Informationen.
Hoffmann schreibt auf S. 233 (Unterstreichung von mir):
Quote

bei jener Textbearbeitung nämlich, die Grundlage für die Ausgabe von 1948 gewesen ist
...
Man wollte eine der neuen Rassendoktrin verpflichtete "saubere" Begründung, griff aufs NS-Vokabular zurück und fügte den brandmarkenden Begriff der "Mischehe" in den Text ein
Das ist und bleibt Unsinn. 1948 war die Rassendoktrin nicht neu, man war ihr auch nicht verpflichtet. Keine einzige, der zur NS-Zeit erschienenen Winnetou-Drucke enthielt die "Mischehe". Das sind sechs Auflagen der Gesammelten Werke (vom 266. bis 410. Tausend), noch einmal 10.000 Exemplare der Frontbuchhandelsausgabe in Oslo und ein bearbeiteter Abdruck im "Pfälzer Boten". Darunter sind drei verschiedene Neusatz-Drucke (1933, 1941 und 1944). Wie kann man da behaupten, dass die Nachkriegsbearbeitung von 1948, die auch noch unter amerikanischer Nachrichtenkontrolle erschien, der "neuen Rassendoktrin" verpflichtet sei? Das, Hoffmann da schreibt, ist nicht einfach nur Polemik, das ist eine bösartig falsche Darstellung.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.09 08:46.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 08:37
Richtig, ja. Die Stelle ist bösartig. - Oder sagen wir, klingt bösartig.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.09 08:38.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 09:21
Aber es stellt sich doch die Frage warum das Wort "Mischehe" in einer Nachkriegsausgabe erscheint, wo man es am wenigsten vermutet, anstatt bei den Nazis. Ist doch sehr interessant, nichtwinking smiley.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 09:38
Einerseits hatte ich schon darauf verwiesen, dass der Begriff "Mischehe" keine Nazi-Erfindung ist, wie sich in der Wikipedia leicht erblättern lässt. Man lese etwa hier über den Mischehenstreit der 1830er Jahre nach. Andererseits hatte man 1948 offenbar noch keinen Sinn für 'political correctness'. Gottseidank, möchte man meinen. Die deutsche Sprache wurde von den Nazis in der Tat missbraucht. Und wie gehen wir heute damit um? Wie mit einer vergewaltigten Frau, die verstoßen und als Hure behandelt wird. Sollte man sich nicht bemühen, die Worte in ihren vor-NS-Bedeutungen wieder unverkrampft zu verwenden? Nicht die Worte sind verdammungswürdig, sondern ihre Konnotationen.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 09:49
Quote

Und wie gehen wir heute damit um? Wie mit einer vergewaltigten Frau, die verstoßen und als Hure behandelt wird. Sollte man sich nicht bemühen, die Worte in ihren vor-NS-Bedeutungen wieder unverkrampft zu verwenden? Nicht die Worte sind verdammungswürdig, sondern ihre Konnotationen.

(y)

"Autobahn geht nicht" (Johannes B. Kerner; das könnte die beknackteste Äußerung sein, die ich in meinem Leben gehört habe)
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 10:23
Schade, hast es mir vorweggenommen. Wollte eigentlich schreiben "Alles außer Autobahn sollte man wieder unverkrampft sagen dürfen.".

(hupf)
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 11:21
Noch ein Satz zu "Karl Mays Werke": Das ist das Fatale an dem Buch, man spürt, daß offenbar eine gewisse Gehässigkeit eine Rolle gespielt hat, und das stört. Hätte er darauf verzichten können, wäre es überzeugender gewesen.

(Andererseits ... wer ist schon ganz frei von sowas ... "wir arbeiten dran" ...)
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 12:11
Zunächst herzlichen Dank für fachliche Aufhellung und -klärung.


In der Tat hält das "Herzchen" scheinbar immer noch zu schnell die Sekundärliteratur für zitierfähig. Weit weg vom heimischen Regale erinnerte ich mich, das gelesen zu haben, recherchierte dann nur kurz im Netz und wurde prompt bestätigt (OBACHT LINK!!) [www.news.at] .


ICH WAR MEHR TIER ALS MENSCH!!!

Frank P.
(Nicht präsent im Kürschner: Deutscher Literatur-Kalender)
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 12:20
Quote

In der Nazi-Bearbeitung heißt es: "Sie reckt zackig die rechte Hand zum Hitlergruß".
gefällt mir besonders gut. Zitate verströmen ja immer wieder so einen Hauch von Authentizität.


ta
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 12:39
("Den hab ich wohl vernommen, kein Wort das mir entging"; noch 'n Zitat)

Je nun, Klara wollte meines Wissens solche Sachen durchaus drin haben in den Büchern ... wie auch das Kreuz von Raffley Castle eine ganz eigene Form haben sollte in Band 30 ...

Ich kann mich übrigens nicht erinnern, daß Nscho-Tschi oder wer auch immer Old Shatterhands Steigbügel küßt, aber ich kann mich irren. Werde mal suchen.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 14:10
Manchmal habe auch ich 'n Déjà-vu. Diese Diskussion gab's schonmal in einem leise entschlafenen yahoo-Forum anlässlich eines Bildzeitungsartikels. Am 20.3.2001 schrieb ich dort, was über diesen Link leicht nachzulesen ist.
Schon damals blieb die Frage nach dem Steigbügelkuss unbeantwortet. Weist uns das darauf hin, dass sich die Foren im Kreise drehen?



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.09 14:12.
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 14:23
Quote

dass sich die Foren im Kreise drehen?

Das ist exakt genau so der Fall. (Mir bleibt gelegentlich beim Lesen älterer eigener Forenbeiträge der Mund offen stehen, zum einen weil ich einiges in zeitlichem Abstand doch einigermaßen peinlich finde, zum anderen, weil man immer wieder sieht daß alles wirklich voll und ganz für die Katz' ist und sich alles nur im Kreise dreht ...) Also, machen wir weiter ...

(das ist übrigens der Schluß von "Warten auf Godot"; "Gehen wir!", heißen die letzten Worte, und dann steht da "Sie gehen nicht von der Stelle", aber das nur am Rande.)

(Jetzt fehlt mir hier der Cool-Smiley. Der den Ihr hier habt hat zwar auch eine Sonnenbrille auf und raucht, lächelt aber, und das paßt gerade irgendwie nicht ...)
Re: Mischehe
28. Oktober 2009 14:27
2001...Das war vor gefühlten 100 Jahren. Da wußte ich noch nicht mal wie Internet geschrieben wird, geschweigedenn daß ich online war. Kommt der Herr mit sowas an(hupf). (In der Tat Rüdiger, merkwürdige Smileys hier)
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