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Aus gegebenem Anlass

geschrieben von Helmut 
Aus gegebenem Anlass
28. Oktober 2008 16:44
... und (natürlich) vollkommen off-topic winking smiley
Quote

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.

Trifft's hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken,
auch die ganze Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muß eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das brint erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja -
nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird ein bisschen Krieg gemacht.

Dieses Gedicht stammt von einem gewissen Kurt Tucholsky und wurde 1930 (!) in der Wochenzeitschrift "Die Weltbühne" abgedruckt.

Da soll doch noch mal jemand behaupten, dass der Mensch ein "lernfähiges Individuum" sei.


Helmut



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.10.08 16:46.
Re: Aus gegebenem Anlass
30. Oktober 2008 12:02
In den "Nürnberger Nachrichten", aus denen ich obiges Gedicht entnommen habe, erschien heute ein Artikel mit der Überschrift "Der Tucholsky war gar keiner".
Dort wurde erläutert, dass diese Zeitung dabei wohl einem Internet-Irrtum/Scherz aufgesessen ist. Obiges Gedicht wurde zusammen mit einem anderen in einem "Blog" veröffentlicht. Da bekanntlich Leser des Internets sowieso alles nicht genau lesen, wurden die Attribute "von Tuscholsky" und "veröffentlicht 1930 in der Weltbühne", die korrekterweise nur für das "andere" Gedicht angegeben waren, (der Einfachheit halber) auf beide Gedichte bezogen. So geistert seit dieser Woche ein "neuer Tucholsky" durch die Medienwelt.
Da diese Falschinformation von vielen anderen weiterverbreitet wurde (es soll schon bei einem Politiker (ehemals "Die Grünen" jetzt CDU) auf der Homepage stehen), und die meisten davon dies nicht korrigieren wollen oder können, wird wahrscheinlich in nicht also ferner Zukunft dieses Gedicht als von Tucholsky stammend allgemein (als "wahr") anerkannt werden, und in ca. 10 Jahren wird es dann vermutlich auch in den Lehrplan der meisten Schulen als Tucholsky Gedicht aufgenommen werden.
Und offengestanden, kommt es bei Tucholsky auf ein Gedicht mehr oder weniger an?

Helmut
Re: Aus gegebenem Anlass
31. Oktober 2008 19:45
Selbiges Gedicht stand bei uns gestern auch in der WZ (Westdeutsche Zeitung) als von Tucholsky stammend. Dabei dachte ich immer an Seriösität wenn ich die WZ las, aber ohne Recherche wird dort jetzt einfach nachgedruckt. Wenn es so einfach ist eine Zeitung zu machen, werde ich es vieleicht auch mal probieren(hupf).
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