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Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften

geschrieben von Helmut 
Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 00:04
Rüdiger hat in seinen letzten Rezensionen festgestellt, dass May Texte, die mehrfach in verschiedenen Zeitschriften abgedruckt wurden, zum Teil auch gravierende Unterschiede aufweisen.
Dabei gibts - so viel ich weiß - zwei Arten von Änderungen; nämlich einmal die Art von Änderung, bei der die zuständige Redaktion ihre Existenz beweisen musste.

Viel gravierender sind allerdings teilweise die Änderungen, die May selbst besorgte. Als stärkstes Beispiel dafür würde ich die 3 Zeitschriftenabdrucke "Die Rache des Ehri", "Tui Fanua" und "Der Ehri" anführen. Die Geschichte ist eigentlich die gleiche, aber ... (siehe folgende Liste):

"Die Rache des Ehri" : Die "Guten": Heiden ; Die "Bösen": Christen ; Zeitschrift: "Frohe Stunden"
"Der Ehri" : Die "Guten": (kath.) Christen ; Die "Bösen": Heiden (getauft durch englische Missionare) ; Zeitschrift: "Deutscher Hausschatz"
"Tui Fanua" : Die "Guten": Heiden ; Die "Bösen": Christen (getauft duch kath. Missionare); Zeitschrift: "Für alle Welt"

Wenn man jetzt noch die Ausrichtung der Zeitschriften betrachtet, wird auch der Grund für die jeweiligen Änderungen offensichtlich.

Wie hat er doch an anderer Stelle so "treffend" geschrieben : "Ich feile nie."

Helmut
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 07:33
Ich würde das auch nicht "feilen" sondern schlichtweg "Opportunismus" nennen.
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 08:26
Diese Tui Fanua / Ehri / Rache des Ehri – Angelegenheit empfinde ich auch als ganz „dicken Hund“. Sie zeigt, m.E., (und nicht nur sie), dass Karl May in der Tat eine gehörige Portion Lebius in sich hatte („Wer am meisten bezahlt, der hat uns“), auch wenn hartgesottene Schönredner (Verzeihung), die sich gern ein Bild nach ihrem Gusto formen, das sicherlich anders sehen.

ANDERERSEITS (immer diese vielen Aspekte …): es ist ja realistisch und dem Leben entsprechend, wenn einmal der Heide der „Böse“ ist und der Missionar der „Gute“ und einmal genau umgekehrt; wäre ich Schriftsteller, würde ich auch vielleicht heute eine Geschichte schreiben in der einer von der Linkspartei der „Böse“ ist und ein CDU-Abgeordneter der „Gute“, und morgen vielleicht eine Geschichte in der es umgekehrt ist … Damit wären allerdings erwartungsgemäß einige Leser bereits überfordert … weil: die Welt gehört (für sie) in Schubladen, immer alles hübsch ordentlich und klar erkenn- und unterscheidbar eingetütet …

grinning smiley

Insofern ist es etwas anderes, wenn ein Autor freiwillig drei verschiedene, sehr unterschiedliche Varianten einer Erzählung schreibt, oder ob ihm ein Dödel von Redakteur zackzackig über die Zeichensetzung gerät … In etwa nach dem Motto Sätze die länger als eine Zeile sind überfordern meine Leser …

Was Mays Aussage mit dem Feilen betrifft, die halte ich für glaubwürdig (wobei das „nie“ natürlich übertrieben ist). Und ich halte ihn [zwar für einen Dichter aber] keineswegs immer für glaubwürdig.

Er war einer von denen, die hochbegabt, aber nachlässig waren (ich kannte mal einen Schüler, der hat selten Hausaufgaben gemacht und war im Unterricht mit seinen Gedanken oft woanders, trotzdem hatte er einigermaßen gute Noten. Einmal in Mathematik im Laufe eines Jahres 1 – 1 – 5 – 2, dreimal hat halt die Begabung gereicht und einmal eben nicht, da fehlte dann halt das Grundlagenwissen …). Er (May) hat ja sehr schöne Sätze geschrieben, von großer Gedankentiefe, andererseits oft wirklich geschlampt und etlichen unfreiwilligen Kalauer geliefert oder auch Bock geschossen. Und mir persönlich gefällt das, so wie er geschrieben hat, und da braucht m.E. ganz und gar nichts bearbeitet zu werden (auch der ungarische Slowake oder slowakische Ungar in der „Sklavenkarawane“ nicht).
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 09:48
Zwei Dinge wollte ich noch anfügen:

- die 3 Texte sind allerdings auch mit 3 verschiedenen Verfassern erschienen, "Die Rache des Ehri" schrieb E. Pollmer, "Der Ehri" Karl May und "Tui Fanua" jener geheimnisvolle Prinz Muhamêl Latréaumont (übrigens nicht nur ein Pseudonym Mays, sondern auch Winnetous, wie man später herausfand).
- für die Buchausgabe im "stillen Ocean" hat er sich dann (natürlich kann man schon fast sagen) bei der Hausschatzfassung bedient.

Helmut
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 09:55
Und das mit dem "ich feile nie" halte ich auch mindestens für glaubwürdig, unter anderem auch weil May ja offensichtlich in späteren Jahren wohl sehr viel seiner schriftstellerischen "Anfangszeit" vergessen - besser wohl verdrängt - hat.
Da gab es bei ihm, wie ich es sehe, wohl sehr viel einer subjektiven "Wahrheitswahrnehmung".

Helmut
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 10:04
Was das Feilen betrifft, reden wir, glaube ich, ein bißchen aneinander vorbei. Ich glaube nicht, daß er verschiedene Varianten von Erzählungen meinte, sondern stilistische Korrekturen. Und was so etwas betrifft, hat er halt geschrieben, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Und da konnten dann sehr schöne, tiefsinnige Formulierungen dabei herauskommen, aber gelegentlich auch schon mal unfreiwillige Stilblüten und "inkorrektes", was Ausdruck und Zeichensetzung betrifft. Wann nun z.B. ein Komma wirklich einen tieferen Sinn bei ihm hatte und wann es vielleicht ein g'schlamperter Fehler war, ist im Einzelfall nicht unbedingt leicht auseinander zu halten. - Ich sag' Dir, das Leben wird nicht leichter ...

winking smiley
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 10:23
»Wir haben in Deutschland eine Redensart, welche lautet: Rede, wie dir der Schnabel gewachsen ist! Verstehst du das?«

»Ja. Man soll offen und natürlich sprechen.«

»Gerade so schreibe ich.«

(Im Lande des Mahdi I)
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 10:35
Vom Hölzken auf’s Stöcksken:

In der May-Wikipedia las ich gerade dieser Tage einen interessanten Artikel über William Ohlert und habe den Schluß seiner Geschichte noch einmal in Winnetou II nachgelesen. Dort heißt es:

„Und zwei Monate später saß ich bei dem guten Religioso Benito von der Kongregation EI buono Pastor in Chihuahua. Ihm, dem berühmtesten Arzte der nördlichen Provinzen, hatte ich meinen Patienten gebracht, und es war ihm gelungen, denselben vollständig herzustellen. Ich sage vollständig, denn wunderbarerweise hatte sich mit der leiblichen Heilung auch das geistige Normalbefinden eingestellt. Es war, als sei mit dem Kolbenhiebe die unglückselige Monomanie, ein wahnsinniger Dichter zu sein, erschlagen worden.“

Das erinnert mich u.a. an zwei Dinge, zum einen, dass Robert Kraft in irgendeinem Zusammenhang gesagt haben soll „Dann schreibe ich eben nur noch Kolportage“, zum anderen, auch den Satz kriege ich nicht mehr aus dem Kopf, hieß es in einer Fernsehdokumentation über den Dichter Rimbaud von Georg Stefan Troller (ist erst gut 30 Jahre her …), Rimbaud habe, als er Waffenhändler geworden sei, auf die Frage, ob er noch Gedichte schreibe, geantwortet, er befasse sich nicht mehr mit solchem Quatsch…

Der Gedanke kam mir gestern in Sachen Ohlert, ob May mit seinem Kolbenhiebe und seinem „erschlagen“ vielleicht für sich selbst in ähnlicher Richtung dachte: Dichter, Pah, ich verdien’ mir halt meinen Lebensunterhalt … (denn Ohlert dürfte ja zweifellos viele May-Anteile in sich tragen)

(bezieht sich alles noch auf das Zitat aus dem „Mahdi“)
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 13:58
Und nochmals übrigens, es passt ja auch irgendwie zur Diskussion hier, hat May das Gedicht "Rückblick eines Veteranen" nicht extra für die Gerichtsverhandlung in Stollberg geschrieben (bzw. abgeändert), damit er was richtig schönes Staatstragendes vorzuweisen hatte? Geholfen hat es ihm dann letztlich nichts, seine 3 Wochen hat trotzdem gekriegt und musste die auch absitzen.

Helmut



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 21.02.08 13:59.
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
21. Februar 2008 23:13
Die Zeitabläufe sprechen dagegen: "Rückblicke eines Veteranen" erschienen am 24. April 1875 erstmals im Druck, soweit wir wissen (Plaul 2). Die "Affäre Stollberg" zog sich über ein Jahr hin: vom 26.1.1878 (Tod von Emmas Onkel) bis 9.1.1879 (Urteil des Gerichtsamts Stollberg gegen Karl May), also rund 3 Jahre später. Die Wiederverwendungen einzelner Strophen gibt es dann erst wieder in "Die Liebe des Ulanen" (1885).
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
22. Februar 2008 11:20
May hat das Gedicht einem Brief an das Stollberger Gericht, in dem er sich unter anderem gegen den Vorwurf "Socialdemokrat durch und durch" zu sein wendet, als Beweis für das Gegenteil beigefügt. Nachzulesen in den Akten dieses Verfahrens, die in "Karl May und Emma Pollmer" von Fritz Maschke nachgedruckt sind.
Er hat also das Gedicht schon früher, allerdings mehr oder weniger privat, wiederverwendet.

Helmut
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
22. Februar 2008 19:31
Lieber Helmut,

Du hattest geschrieben:
Quote

Und nochmals übrigens, es passt ja auch irgendwie zur Diskussion hier, hat May das Gedicht "Rückblick eines Veteranen" nicht extra für die Gerichtsverhandlung in Stollberg geschrieben (bzw. abgeändert), damit er was richtig schönes Staatstragendes vorzuweisen hatte?

Beide Möglichkeiten sind zu verneinen.
1. Karl May hat das Gedicht nicht für die Stollberg-Affäre geschrieben (siehe mein Beitrag gestern)
2. Karl May hat das Gedicht auch nicht abgeändert, denn er hat einfach sein Belegstück von 1875 ("Der Kamerad", und zwar das ganze Heft) seinem Schreiben beigelegt. (siehe Maschke, Seite 153).

Diesem Umstand verdankt es Plaul mit Sicherheit, dass er den Text überhaupt in der Bibliografie nachweisen konnte.

Karl May mag das Gedicht für nützlich erachtet haben. Er er hat es nicht zu diesem Zweck verfasst, noch hat er es angepasst.

Gruß
Wolfgang
Re: Änderungen der verschiedenen May Texte in div. Zeitschriften
22. Februar 2008 21:11
Lieber Wolfgang,

das ich da mit meiner ersten Vermutung falsch lag, habe ich schon bei Deiner ersten Antwort verstanden und eingesehen. Mein nächster Beitrag sollte meine erste falsche Vermutung richtigstellen.

Helmut
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