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Betr. Kolportageromane

geschrieben von Helmut 
Betr. Kolportageromane
01. August 2007 08:40
Unter der Rubrik:

Was ich schon immer mal sagen wollte

oder

Was mir so aufgefallen ist, und sich zunehmend immer häuft.


Beim Lesen von Kritiken und Rezensionen (und sonstigem - z.B. zu Bearbeitungen) über die Mayschen Kolportageromanen fällt mir in letzter Zeit (aber nicht nur da) immer häufiger auf, dass offenbar dem "heutigen Durchschnittsleser" es schwerer fällt, sich in die Lektüre zu "vertiefen". Immer häufiger kommt es zu "Klagen" über "temporale Sprünge" in den Romane. Auch über "nicht genug aufgeklärte Handlungsstränge" liest (und hört) man vermehrt Beschwerden.
Offensichtlich war dieses jedoch den "Durchschnittsleser von Kolportageromane" vor 1 1/4 Jahrhunderten kein Problem, wie der Absatz dieser Literatur belegt.
Offensichtlich braucht der "Leser von heute" "eindimensionalere" Lektüre mit weniger Raum für "eigene Phantasie". (Den Hinweis auf dazu passende Literatur ("Bildzeitung") erspare ich mir.)
So ist meine (natürlich vollständig überspitzte) Schlussfolgerung (und für mich gilt die natürlich nicht winking smiley ).

Helmut
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 08:56
Die Leut' wollen immer alles hübsch simpel und überschaubar haben ... als ob das Leben so wäre ... Da (im Leben) kommt auch nicht immer alles zu einem befriedigenden Abschluß.

Oder auch so Sachen wie z.B. die Uneinheitlichkeit der Winnetou-Trilogie. Warum soll die einheitlich sein ? Im Leben sind die Menschen auch widersprüchlich, haben ganz verschiedene Anteile in sich, sind heute lieb und nett und morgen gräßlich und unausstehlich, warum sollen sie in Romanen immer auf gleichem Level sich bewegen ? Wäre doch langweilig ...

Ich glaube aber damals waren die Leute schon genauso blöd wie heute. Heute werden sie nur noch geschickter und subtiler manipuliert ...

winking smiley
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 09:16
Hallo Helmut!

Ich denke, das "Problem" ist einfach, dass einem Leser liegen gelassene Handlungsstränge nicht so auffallen, wenn er den Text portionsweise bekommt und sich mit einer neuen Lieferung an einem neuen Ort oder in einer neuen Zeit wiederfindet. Die Ungereimtheiten fallen vermutlich erst auf, wenn man - wie jetzt - die Gelegenheit hat, so einen Lieferungsroman in einem Rutsch zu lesen.

Vergleichbar ist das mit den aktuellen Soaps. Ich habe da vor einiger Zeit mal eine Untersuchung zu "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" gelesen, wo ebenfalls Patzer aller Art aufgelistet wurden (Personen, die sich vorgestellt wurden und 30 Folgen später plötzlich eine gemeinsame Vergangenheit haben, Hinweise auf Verwandtschaften, die hätten viel eher erwähnt werden müssen... etc.).

Jenny
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 10:47
Ich glaube, dass das nicht so einfach ist.
Wenn man sich so die heutigen (Main-Stream) Trends in Filmen (so was gabs damals z.B. überhaupt noch nicht) und in der Literatur ansieht, so geht dies doch eindeutig in Richtung (leicht verständlicher) Action - von Ausnahmen wie Harry P. mal abgesehen - und Bücher, die beim Lesen viel eigene Phantasie voraussetzen sind eindeutig auf dem Rückzug.
Das hat - wahrscheinlich - auch nicht unbedingt was mit Intelligenz zu tun, sondern eher mit der "Schnelllebigkeit" heutzutage.
Aber jetzt muss ich langsam aufpassen, dass ich nicht auf die "früher war alles besser"-Schiene komme.

Helmut
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 13:19
Du meinst, der "heutige Durchshcnittsleser" liest Karl Mays Kolportageromane? Das glaube ich nicht.
Die, die sich heute diese Mammutdinger reinziehen, sind schon Mehr-als-der-Durchschnitt-Leser. Und da gilt vielleicht doch eher das von mir angesprochene Portionenproblem, was die Leser maulig werden lässt.

(Wobei Du grundsätzlich natürlich nicht Unrecht hast - der Mainstream sind einfache, chronologisch erzählte Handlungen ohne wechselnde Pespektiven. Aber neben dem Mainstream gibt es auch richtig gute Lektüre.
Und jede Menge echten Mist.)

ta
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 14:15
Vielleicht nochmals zur Verdeutlichung und zur Erklärung folgendes.
Immer wieder - auch hier und letztens in jener (merkwürdigen) Artikelreihe in KM&Co - liest man über die Kolportageromane Mays:
- Man muss die erst in der zeitlichen Reihenfolge richtig sortieren
- es sind nicht alle Handlungsfäden richtig aufgedröselt
- die Auflösung des "ganzen" fehlt eigentlich.
Erst wenn all dieses - z.B. in Bearbeitungen - richtig gestellt ist, sind diese "Schinken" eingermaßen genießbar.

Da kommt mein Ansatz, dass ich sage, offenbar ist der Leser heutzutage nicht mehr in der Lage (weshalb auch immer) diese Kolportageromane zu lesen und zu "genießen", und zwar genau so, wie sie geschrieben wurden. Vor 1 1/4 Jahrhunderte ging das doch auch.

(Das Argument mit den Soaps zieht m.E. schon deshalb nicht, weil die ja nur scheinbar eine fortlaufende Geschichte erzählen, in Wirklichkeit sind die ja nur eine Aneinderreihung von sehr vielen und sehr kurzen kleinen "Geschichtchen" mit zufällig den gleichen Personen; also eher ein Äquivalent zu den "Reiseerzählungen")


Helmut



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.08.07 14:16.
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 14:43
Du siehst bei DHDH einen durchlaufenden Spannungsbogen? winking smiley


Bevor hier ein Vermittler eingreift: Ich verstehe schon, was Du meinst. Aber ich denke nicht, dass die Leute zu Mays Zeiten cleverer waren. Die haben sich soap-like durch die einzelnen Kapitel gehangelt und - so meine Vermutung - sich keinen Kopf um Unlogik, Zeitsprünge etc. gemacht haben. Man war - egal, wo May einen hinkatapultiere - in kürzester Zeit wieder in der Handlung (=irgendeiner Handlung drin), die Personen waren stereotyp genug, um sofort (wieder) Anschluss zu finden und über das, was die Personen jeweils so antreibt, wurde man entweder sofort informiert oder es war sowieso egal.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.08.07 14:47.
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 15:28
Also, ich habe die Dinger zuerst in der KMV-Bearbeitung gelesen, allerdings in jungen Jahren. Dann in der zwar auch schon bearbeiteten, aber auch noch reichlich chaotischen Fischer-Fassung im Pawlak-Nachdruck. Da war ich ca. 30, aber die Ungereimtheiten haben mich nicht die Bohne gestört. Da ich die Schinken damals aber auch nicht auf einen Rutsch glesen habe, sind mir Widersprüche etc. auch kaum aufgefallen. Die Romane sind ja auch keine durchkomponierten Werke, sondern Aneinanderreihungen von Actionszenen, notdürftig verbunden durch das immer wieder auftauchende Haupt-Personal und irgend einen Auslöser,den man zwischendurch schon mal ganz gerne vergißt. Kurz und gut, ich habe das Zeug genau so gelesen, wie Jenny die Leser des 19. Jahrhunderts beschrieben hat, weil es mir einfach Spaß gemacht hat. Mehr sollen die Dinger ja auch nicht leisten.

Grüße
Rolf
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 17:27
Noch ein Versuch (mich verständlich zu machen):

Was ich meine, hat überhaupt nichts mit Intelligenz zu tun.
Dem heutigen Durchschnittsleser (behaupte ich mal) fehlt einfach der Wille(oder Fähigkeit?) sich über längere Zeit in den Lesestoff zu vertiefen, seine Phantasie kräftig mitspielen zu lassen und ... (da gehen mir die Worte aus).
Es ist natürlich heute - alle haben weniger Zeit, es spielt sich wesentlich mehr außen herum ab - auch viel schwieriger geworden.

Helmut

übrigens
Quote

Du siehst bei DHDH einen durchlaufenden Spannungsbogen?

ja, natürlich.
Und um noch eins draufzusetzen, und weil mich die ständig wiederholte und tradierte Mär von den mißratenen Deutschen Herzen, Deutsche Helden schon seit Jahren fürchterlich ärgert:

"Deutsche Herzen Deutsche Helden" ist nicht wesentlich schlechter und schwächer als "Das Waldröschen".




2-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.08.07 17:36.
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 17:55
Hallo Helmut!

Mal abgesehen von der Einschätzung bezüglich "Waldröschen" und "Deutsche Herzen...", zu der ich mich gar nicht geäußert habe, denke ich, daß wir so ziemlich der gleiche Meinung sind.

Grüße
Rolf
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 18:03
Und ich zicke gerade herum und finde, dass wir damit eine absolute Plattitüde abnicken, die noch dazu in meinen Augen so nicht stimmt. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen.


Es gibt keinen "heutigen Durchschnittsleser".
Heutige Durchschnittsleser sind - wenn wir ihre Existenz voraussetzen - in keinster Weise mit damaligen Durchschnittslesern vergleichbar (=Leser mal wörtlich genommen). Heute vertieften sich die Leute, die damals Kolportage gelesen haben, vermutlich in diese Soaps - und fiebern dort genauso intensiv mit wie sie es früher getan haben. Das Medium hat sich geändert - das Vertiefen ist geblieben.

Die Leute haben schon immer die Leseebene( n ) genossen, zu der sie Zugang hatten.
Es gibt auch jetzt gute, phantasieanregende Bücher, die nicht einsträngig und chronologisch irgendeine simple Handlung erzählen.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.08.07 19:33.
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 19:21
Und ich möchte die chronologische Nichtlinearität eines Romans genausowenig pauschal verurteilen wie verteidigen. Man muss das doch differenziert sehen, höre ich meinen Mannheimer Counterpart in die Taste klimpern.

Einerseits gibt es von vorn bis hinten durchkomponierte Erzählstrukturen, bei denen zeitliche Rückgriffe eine Aufgabe erfüllen und meinethalben auch künstlerische Züge haben können.

Und dann gibt es da die Fabrikautoren, die nach 20 Fortsetzungen feststellen, dass ihnen der Stoff für das bisher eingeführte Personal ausgeht. 'Und ich hatte doch 100 Hefte versprochen. Nunja: Erfinden wir also erst einmal was ganz Neues und hoffen darauf, dass wir das am Ende erfolgreich miteinander verknotet bekommen.' Manchmal klappt das (Waldröschen), manchmal nicht (Deutsche Herzen - deutsche Helden).
Re: Betr. Kolportageromane
01. August 2007 23:48
Also gut, ich gebs dann einfach auf, den Versuch mich verständlich zu machen ...
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 06:31
Nanü ... ich hatte nicht den Eindruck, daß irgendeiner der Antwortenden NICHT verstanden hatte, was Du meintest ... Es kamen halt noch ein paar Aspekte hinzu.

eye rolling smiley
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 07:31
Dann sind wir uns also soweit einig winking smiley :

ein Großteil der heutigen Kritik an den Mayschen Kolportageromanen hat nichts mit der "Qualität" dieser und nichts mit der "Intelligenz" der Leser zu tun, sondern mit den durch i.w. äußere Einflüße veränderten Lese- und Rezeptionsgewohnheiten.

Helmut



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.08.07 07:32.
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 07:39
Und mit der Oberlehrermentalität der Herren E.A. Schmid & Co hatte es auch zu tun, immerhin ist die "Chronologisierung" der Romane ja schon zig Jahrzehnte her.

(Die stirbt übrigens nie aus, diese entsetzliche Mentalität vermeintlicher Besserwisserei. Wenn ich z.B. sehe, wie Leute im "Wiki" anderer Leute Beiträge willkürlich stilistisch verändern, "und" statt "&" u.v.a., spüre ich wirklich, wie sich mein Herzschlag verändert und daß es für meine Gesundheit nicht gut ist, da überhaupt hineinzuschauen ...)
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 07:39
Aber - bitte entschuldige, Helmut - die Leute, die sich kritisch über die Kolportageromane äußer(te)n, sind nicht immer identisch mit denen, die sie wegschmöker(te)n.

Wie Medienprodukte bei der Zielgruppe ankommen, erfährt man auch heute nicht zwingend über ein direktes Feedback. Man konnte das - damals wie heute - nur indirekt ableiten; aus Verkaufs- bzw. Abonnentenzahlen oder heute den Einschaltquoten. Die, die sich kritisch damit auseinandersetzten, waren schon immer eine andere Liga, mit anderen Ansprüchen und anderen Wahrnehmungen. Daran hat sich nichts geändert.
(Das waren die Äpfel und die Birnen...)

Mehr sag ich aber dazu auch nicht. Sonst drehen wir uns noch. winking smiley
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 07:45
Quote

Die, die sich kritisch damit auseinandersetzten, waren schon immer eine andere Liga, mit anderen Ansprüchen und anderen Wahrnehmungen

Zumindest sehen sie sich selber gern so ...

(s.o.)
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 07:56
Hallo Jenny,

dann hattest Du die Birnen und ich die Äpfel, denn worüber Du schreibst, darüber habe (und hatte) ich hier nicht diskutiert.
Sondern, ... (siehe oben)
Re: Betr. Kolportageromane
02. August 2007 08:02
Sag mal, willst Du mir als Ober-Piesepampel Konkurrenz machen ?

winking smiley

*

(Aber nur zu, ich hab' es nicht so mit der Wegharkerei ...)

winking smiley
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