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Autsch!

geschrieben von JennyFlorstedt 
Autsch!
12. März 2007 21:33
Ich suche die besten Old-Shatterhand-wird-niedergeschlagen-Szenen. Habt ihr Favoriten?

ta

PS: Statt Old Shatterhand nehme ich gern auch Charley oder Kara Ben Nemsi. winking smiley Sollte aber ein Ich-Erzähler sein.
Re: Autsch!
12. März 2007 21:52
(Merkwürdige Anwandlungen …)


Lieber Leser, hast du schon einmal einen Kolbenhieb auf den Kopf bekommen, aber einen so recht aus dem tiefsten Herzensgrunde? Nicht? Wohl dir! Oder doch? Dann wehe dir!
Mir wenigstens war es gar nicht wohl, als ich hier am lieben Fleischwasser im Grase lag und meinen Kopf viel deutlicher fühlte, als es eigentlich nötig war. Ich habe schon früher irgendwo einmal das Gefühl beschrieben oder vielmehr zu beschreiben versucht, welches so ein Krafthieb hinterläßt; ich bitte also, auch zu schlagen, aber gefälligst nicht mit dem Kolben, sondern diese Stelle nachzuschlagen! Da lobe ich mir meinen Jagdhieb mit der Hand! Er erreicht ganz denselben Zweck ohne das belästigende Gefühl hinterher, als sei der Kopf ein gewaltiger, mit hunderttausend gefühlvollen Nerven angefüllter Kessel, an welchem fünfzig Kupferschmiede die Nieten verhämmern.

(„Weihnacht“, Beginn des 4. Kapitels)

Kurz vorher war

Wahrend ich diese Worte sprach, setzte ich mich neben ihn nieder. Kaum aber war dies geschehen, so bekam ich einen Hieb auf den Kopf, daß ich vollends hintenüberflog.

vorangegangen.
Re: Autsch!
12. März 2007 22:24
Und auch das


Eben wollte ich mich vom Boden erheben, da hörte ich einen zornigen indianischen Ruf hinter mir und bekam einen Kolbenhieb gegen den Kopf, der mich besinnungslos niederstreckte.

Als ich wieder zu mir kam, war es Abend; so lange hatte ich ohne Besinnung gelegen. Zunächst war es mir wie im Traume: Ich war in das tiefe Mauerlager eines Mühlrades gestürzt. Die Mühle ging nicht, weil sich das Rad nicht bewegen konnte, da ich zwischen ihm und der Mauer steckte. Das Wasser rauschte über mir herab, und die Kraft, mit welcher es auf das Rad wirkte, preßte mich fester und fester zusammen, daß ich glaubte, ich würde zermalmt. Alle meine Glieder schmerzten, besonders aber der Kopf und die eine Schulter. Nach und nach erkannte ich, daß dies nicht Wirklichkeit, aber auch nicht Traum war. Das Rauschen und Brausen kam nicht vom Wasser; es wohnte in meinem Kopfe und war die Folge des Kolbenhiebes, welcher mich niedergeworfen hatte. Und die Schmerzen in der Schulter wurden nicht durch ein Mühlenrad verursacht, welches mich zusammenpreßte, sondern durch den Hieb, den ich von Winnetou bekommen hatte. Das Blut lief mir noch immer aus dem Munde; es wollte mir in die Kehle dringen und mich ersticken; ich hörte ein fürchterliches Röcheln und Gurgeln und erwachte vollends. Derjenige, der so geröchelt hatte, war ich selbst.

»Er bewegt sich! Gott sei Dank, er bewegt sich!« hörte ich Sams Stimme rufen.

ist natürlich unvergessen.

(Winnetou I)



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.07 22:25.
Re: Autsch!
12. März 2007 22:29
Das ist auch sehr schön:



Dann erhielt ich von hinten einen fürchterlichen Schlag auf den Kopf. - -

Ich war gestorben; ich besaß keinen Körper mehr; ich war nur Seele, nur Geist. Ich flog durch ein Feuer, dessen Gluth mich verzehren wollte, dann durch donnernde Wogen, deren Kälte mich erstarrte, durch unendliche Wolken- und Nebelschichten, hoch über der Erde, mit rasender, entsetzlicher Schnelligkeit. Dann fühlte ich nur, daß ich überhaupt flog, grad so, wie der Mond um die Erde wirbelt, ohne einen Gedanken, einen Willen zu haben. Es war eine unbeschreibliche Leere um mich und in mir. Nach und nach verminderte sich die Schnelligkeit. Ich fühlte nicht nur, sondern ich dachte auch. Aber was dachte ich? Unendlich dummes, ganz und gar unmögliches Zeug. Sprechen aber konnte ich nicht, so sehr ich mich auch anstrengte, einen Laut von mir zu geben.-. . . .

Nach und nach kam Ordnung in das Denken. Mein Name fiel mir ein, mein Stand, mein Alter, in welchem ich gestorben war; aber wo und wie ich den Tod gefunden hatte, das war mir nicht bekannt. . . . .

Ich sank nach und nach tiefer. Ich wirbelte nicht mehr um die Erde, sondern ich näherte mich ihr wie eine leichte Feder, welche langsam, immer hin und her gehaucht, von einem Thurme fällt. Und je tiefer ich sank, desto mehr vergrößerte sich die Erinnerung an mein nun beendetes irdisches Dasein. Personen und Erlebnisse fielen mir ein, mehr und mehr. Es wurde klarer in mir, immer klarer. Ich erinnerte mich, daß ich zuletzt eine weite Reise unternommen hatte; es fiel mir langsam ein, durch welche Länder - zuletzt war ich in Stambul gewesen, in Edreneh, hatte nach Hause gewollt und war unterwegs in einer steinernen Hütte auf einer Vorhöhe des Planinagebirges erschlagen worden. Die Mörder hatten mich dann gefesselt, trotzdem ich eine Leiche war, und mich auf das Lager geworfen, auf welchem vorher der Bettler gelegen hatte, und sich nachher um den Herd gesetzt und ein Feuer angezündet, über welchem irgend Etwas gebraten werden sollte. . . . .

Ich war gestorben gewesen und hatte dies doch bemerkt. Ich hatte sogar die Stimmen der Mörder gehört, ja, ich hörte sie noch, indem ich jetzt wieder zur Erde niedersank, deutlicher und immer deutlicher, je mehr ich mich ihr näherte. . . . .

Und wunderbar! Ich sank durch das Dach der Hütte, auf das Laub des stinkenden Lagers, und da saßen sie noch, die Mörder. Ich hörte sie sprechen; ich roch den Duft von Fleisch, welches sie über dem Feuer brieten. Ich wollte sie auch sehen, aber ich konnte die Augen nicht öffnen und konnte mich auch nicht bewegen. . . . .

War ich denn wirklich nur Seele, nur Geist? Da oben, wo ich früher den Kopf gehabt hatte, am hintern Theile desselben brannte und schmerzte es wie eine ganze Hölle. Es war mir jetzt, als ob ich diesen Kopf noch besitze; aber er war zehnmal, hundertmal, tausendmal größer als früher und umfaßte die unterirdische Flammensee des Erdinnern, auf deren Inseln Vulkan mit Millionen von Kyklopen hämmert und schmiedet. . . . .

Erst fühlte ich nur diesen Kopf; bald aber bemerkte ich, daß ich auch noch den Leib, die Arme, die Beine besitze. Doch rühren konnte ich kein Glied. Aber mit der größten Deutlichkeit hörte ich jedes Wort, welches dort am Feuer gesprochen wurde. Ich vernahm sogar den Hufschlag einiger Pferde. Zwei Reiter stiegen draußen ab.



(In den Schluchten des Balkan)
Re: Autsch!
12. März 2007 22:38
Und all diese Hiebe sind ja immer auch Gleichnis, bzw., können AUCH so gesehen werden.

Schauen wir uns doch mal das an:

Winnetou tot! Diese beiden Worte sind genügend, um die Stimmung zu bezeichnen, in welcher ich mich damals befand. Es war, als ob ich mich von seinem Grabe gar nicht trennen könnte. Ich saß in den ersten Tagen schweigend bei demselben und sah dem regen Treiben der Menschen zu, ... Ich sage, ich sah zu, aber eigentlich sah ich nichts. Ich hörte ihre Stimmen, und dennoch hörte ich nichts. Ich war geistesabwesend. Mein Seelenzustand glich demjenigen eines Mannes, der einen Hieb auf den Kopf erhalten hat und, nur halb betäubt, alles wie von weitem hört und alles wie durch eine mattgeschliffene Glasscheibe sieht. Dies war der Zustand der Trauer.

(Winnetou III)

Da haben wir's doch schon ...



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.07 22:39.
Re: Autsch!
12. März 2007 22:40
Aber ich merk' schon, es wird zu ernst. Schließlich heißt der Thread "Autsch!"

grinning smiley
Re: Autsch!
13. März 2007 05:52
Vielen, vielen Dank!

Gab es da nicht noch eine Szene, wo er dann über sein dickes-dichtes Haar sinniert, das ihn vor Schlimmeren bewahrt habe?

Ich war gestern abend sehr uninspiriert, als ich anfing zu suchen.

ta

PS: Aber eine klassische Gehirnerschütterung mit Übelkeit hatte er nie, wenn ich mich richtig erinnere. Merke: Echte Helden kotzen nicht. smiling smiley
Re: Autsch!
13. März 2007 06:52
Quote

Echte Helden kotzen nicht.

Richtig. Sie leiden, sozusagen, auf einer anderen Ebene.

winking smiley
Re: Autsch!
13. März 2007 07:00
In Sachen dichte Haare; zwar eine Attacke anderer Art, aber auch schön:

»Eine L --- eine Lo --- eine Locke --- von mir --- von mir? Habe ich recht gehört? Habe ich Euch richtig verstanden, Mutter Thick?«

»Ja, ja, Sir. Ich bitte Euch um eine Locke Eures Haars.«

Trotz dieser Versicherung war es mir schwer, es zu glauben. Mein Haar, und eine Locke! Wirklich zum Lachen! Ich besitze nämlich einen wahren, dichten Urwald von Haaren; man kann mich, was ich oft geschehen ließ, an denselben packen und in die Höhe ziehen, ohne daß es mich im geringsten schmerzt. Und so dicht wie dieses Haar ist, so dick und stark ist jedes einzelne. Als ich während meiner Schülerzeit mich einmal dem Schermesser eines Leipziger Friseurs anvertraute, rief er nach dem ersten Schnitte, den er that, ganz erschrocken aus: »Dunner und Sachsen, so was hab ich noch nich erlebt! Das sin schon keene Haare mehr; das sin die reene Borsten!« Und jetzt bat mich die gute Mutter Thick um eine >Locke<! Wenn sie noch Strähne gesagt hätte! Sie hielt mein Staunen für Einwilligung und lief fort, um eine Schere zu holen.

»Also, ich darf?« fragte sie dann, mit dem Blicke schon diejenige Stelle des Kopfes suchend, welcher die Locke entlockt werden sollte.

»Na, wenn es wirklich Euer Ernst ist, Mutter Thick, so nehmt Euch, was Ihr wollt!«

Ich neigte mein Haupt, und die lockenhungrige Alte -denn sie war über sechzig Jahre - ließ ihre Finger prüfend darüber gleiten. Sie entdeckte den Punkt, wo der Wald am dichtesten war, fuhr mit der Schere in das Unterholz - -schrrrrrr! Es klang, als ob Glasfäden zerschnitten würden, und sie hatte die gewünschte >Locke<. Sie hielt sie mir triumphierend vor das Gesicht und sagte:

»Ich danke Euch herzlich, Mr. Shatterhand! Diese Locke von Euch kommt in ein Medaillon und wird jedem Gaste gezeigt, der sie sehen will.«

Ihr Gesicht strahlte vor Vergnügen, das meinige aber nicht, denn das, was sie in der Hand hatte, war keine Locke, auch keine Strähne, sondern ein so dicker Pack von Haaren, daß man zwei dicke Maurerpinsel davon hätte binden können. Ein Medaillon! Sehr niedlich ausgedrückt! Wenn sie diese Haare in eine große Konservenbüchse steckte anstatt in ein Medaillon, so war sie so voll, daß nichts mehr hineinging! Ich fuhr mit der Hand erschrocken nach der Stelle, wo die Schere gewütet hatte; sie war kahl, vollständig kahl; ich fühlte eine Platte, die so groß wie ein silbernes Fünfmarkstück war. Diese schreckliche Mutter Thick! Ich stülpte mir schleunigst den Hut auf den Kopf und habe mir seitdem nie wieder eine Locke vom Haupte schneiden lassen, weder von einer Mutter, noch von einer Tochter!

Nach diesem Verluste wurde mir der Abschied von der braven Wirtin und Medailloneuse leichter, als ich ihn mir vorgestellt hatte, und ich suchte mir, auf dem Steamer angekommen, eine einsame Stelle aus, wo ich ungestört und unbemerkt eine planimetrische Untersuchung anstellen konnte, wie viele oder wie wenige solche Scherenschnitte dazu gehörten, das Haupt eines kriegerischen Westmannes in einen friedlichen Kahlkopf zu verwandeln.

Lockenhungrige Alte, hübsch. Und den Vermerk mit Mutter und Tochter bringt er auch schon in "Am Jenseits" an, da heißt es , er sei schon mit beiden Eisenbahn gefahren.
Re: Autsch!
13. März 2007 12:47
Okay, und jetzt kombinieren wir das. smiling smiley

Ich glaube, dass es da noch eine Stelle gibt, wo er a) eins auf den Kopf bekommt und b) über seine dichten Haare philosophiert, die den Schlag abgemildert hätten. (Der Begriff "Matte" drängt sich auf.)

ta
Re: Autsch!
13. März 2007 12:56
ja doch, hab' ich doch gesucht, aber eben nur das andere gefunden. Immer dieser Perfektionismus ...

winking smiley
Re: Autsch!
13. März 2007 13:00
Es ist aber nicht das Lehmigel-Phänomen, oder?
Re: Autsch!
13. März 2007 13:17
grinning smiley

Ich seh da so die ganze Zeit jemand Bestimmtes beim Vorlesen (oder besser gesagt Vortragen) vor meinem geistigen Auge...
Re: Autsch!
13. März 2007 13:19
Quote

Es ist aber nicht das Lehmigel-Phänomen, oder?

Hä ?

Quote

Ich seh da so die ganze Zeit jemand Bestimmtes beim Vorlesen (oder besser gesagt Vortragen) vor meinem geistigen Auge...

Nochmal: Hä ?

(Da muß mich gerade im anderen Thread jemand angesteckt haben mit auf der Leitung sitzen ...)

winking smiley
Re: Autsch!
13. März 2007 13:31
Ich hab's (zumindest die Textstelle).


Daß ich in diesem Zustande alles um mich her mit leidlicher Deutlichkeit zu erkennen vermochte, wäre fast ein Wunder zu nennen, wenn ich nicht so dicke Schädelknochen und ein so ungewöhnlich starkes Haar besäße.


Das ist auch in "Weihnacht", unmittelbar im Anschluß an die gestern zitierte Textstelle (ich hätte nur 1 Satz weiter zitieren müssen ...)

KMG-Gegoogelt. Dichte Haare, Dichtes Haar, Starkes Haar ...
Was tu' ich nicht alles, und nur für Euch ...

grinning smiley
Re: Autsch!
13. März 2007 13:34
(beifall)
Re: Autsch!
13. März 2007 19:28
(respect)

andrea
Re: Autsch!
13. März 2007 20:06
Danke, Rüdiger. Du hast etwas gut bei mir. winking smiley

@Bambi: Ich setz die Szene gern mit auf die Liste; geplant war sie dafür aber nicht. Ich musste nur gestern die ganze Zeit an diese Stelle denken, weil mein Kind keine besonders "starkes Haar" hat und somit folgerichtig eine Gehirnerschütterung. Und nein, ich hab ihr keins mit dem Gewehrkolben übergehauen.

@Rüdiger: "Lehmigel-Phänomen" - sehr konkrete und detailreiche Massenerinnerung, die sich als falsch herausstellt.

ta
Re: Autsch!
14. März 2007 10:28
> Ich setz die Szene gern mit auf die Liste ...

Schön, von wegen der Selbstironie. Dat kommt gut, und er mags doch lustig.

Und gute Besserung für Dein Kind! May in allen Lebenslagen smiling smiley

> "Lehmigel-Phänomen" - sehr konkrete und detailreiche Massenerinnerung, die sich als falsch herausstellt

prima Definition smiling smiley

Gruß
Rehkitz
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